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Das Hornom Orexin steht im Visier von US-Forschern. Es soll bei der Produktion von braunen Fettzellen eine Schlüsselrolle spielen.

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Zu dick sein: Mit diesem Problem sind viele Übergewichtige ständig konfrontiert. Die Speckpölster machen den Menschen zu schaffen und beeinträchtigen das Wohlbefinden. Allerdings: Fett ist nicht gleich Fett.

Der Mensch trägt verschiedene Arten von Fett in sich. Das weiße, allseits bekannte "böse" Fett speichert Energie, auf die der Körper bei Nahrungsmangel zugreifen kann. Zwischen zehn und 50 Prozent des Körpers – abhängig von Ernährung und Geschlecht – sind Depotfett.

Das braune, "gute" Fett hingegen kennt kaum jemand. Seine besondere Funktion: Es erzeugt Wärme, indem es gespeichertes weißes Fett verbrennt. Thermogenese heißt dieser Prozess. Der Anteil brauner Fettzellen im menschlichen Körper ist gering und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Bis vor einiger Zeit gingen Wissenschafter davon aus, Erwachsene würden gar keine dieser wärmeerzeugenden Zellen besitzen.

Die innere Heizung

Braunes Fett kannte die Wissenschaft bisher vor allem aus der Tierwelt und von Säuglingen. Wenn es kalt wird, werfen Säugetiere die Heizung an, indem weißes Fett von braunem verbrannt wird. Besonders nach dem Winterschlaf ist dieser Mechanismus hilfreich.

Menschen hingegen fangen bei Kälte an zu zittern. Die Muskulatur zieht sich zusammen und bewegt sich. Aus dieser Bewegung entsteht Wärme, mit der dem Körper geholfen wird, die Körpertemperatur nach oben zu treiben. Weil die Muskeln von Säuglingen zu schwach sind, um zu zittern, heizen auch sie mit braunem Fett ein.

Erst vor sechs Jahren fand die Forschung heraus, dass auch Erwachsene braune Fettzellen besitzen, die durch Thermogenese weißes Fett verbrennen können. Seither wird untersucht, ob Kälte die langgesuchte Geheimwaffe gegen Übergewicht sein kann. Hinweise darauf gibt es. So hat eine japanische Studie gezeigt, dass bei Probanden, die zwei Stunden täglich in einem 17 Grad kalten Raum verbrachten, nach sechs Wochen die Körperfettmasse signifikant gesunken war.

"Frierdiät"

Da eine Diät, für die die Abnehmwilligen frieren müssten vermutlich nicht funktionieren würde, wird untersucht, ob die Temperatur im Körper auch durch Medikamente verändert werden kann. So könnten die braunen Fettzellen aktiviert werden und auch ohne Kälteeinwirkungen weißes Fett verheizen.

Wissenschafter suchen seit Entdeckung des braunen "Golds" auch nach weiteren Möglichkeiten, die Zellen im Kampf gegen Fettleibigkeit einzusetzen. Der erste Ansatz versucht, Fettzellen noch vor ihrer Entstehung im Körper zu verändern, dass sie zu braunen statt zu weißen Zellen werden.

Dabei könnte der körpereigene Botenstoff Irisin behilflich sein. Dieser wird von Muskeln freigesetzt und löst die Transformation weißer Fettzellen in braune aus. Studien haben ergeben, dass bei körperlich tätigen der Irisinspiegel höher ist, als bei trägen Menschen. Wer sich viel bewegt, entwickelt also durch erhöhtes Irisin mehr braunes Fett, das wiederum weißes Fett verbrennt.

Würde es also gelingen, etwa durch die Einnahme von Medikamenten, die Fettentwicklung im Körper zu steuern, könnten auch unsportliche Menschen mehr braune Zellen entwickeln, die automatisch weiße Fettzellen abbauen. Die Abnehmpille wäre somit Realität.

Hormonproduktion ankurbeln

Der dritte Forschungsansatz der Wissenschaft hängt mit dem Hormon Orexin zusammen. Es wird im Gehirn produziert und steuert laut Forschern des Medical Research Institute in Orlando die Aktivität der braunen Fettzellen. Ein Team um Devanjan Sikder hat 2011 Versuche an Mäusen durchgeführt. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass sich das Körpergewicht von Mäusen mit Orexin-Mangel nach sechs Wochen fettreicher Ernährung um 45 Prozent erhöht hatte. Die Kontrollgruppe bekam ebenfalls fettreiche Nahrung, verfügte aber über ausreichend Orexin.

Die Zunahme des Körpergewichts lag bei nur 15 Prozent. Überflüssige Pfunde durch die fettreiche Nahrung konnten sich bei den Kontrollmäusen gar nicht erst ansetzen, da sie von den braunen Fettzellen vorher verbrannt wurden.

Das Fazit der Wissenschaftler: Ein Orexinmangel im Gehirn könnte dafür verantwortlich sein, dass Menschen übergewichtig sind, obwohl sie gar nicht zu viel Essen. Nun soll untersucht werden, ob Fettleibigen zusätzliches Orexin verabreicht werden kann, um die Aktivität der braunen Fettzellen anzukurbeln.

Bis zur Erfindung der Abnehmpille wird es noch dauern. Bis dahin müssen Diätwillige weiterhin auf die altbekannten Mittel ausreichend Bewegung und gesunde Ernährung zurückgreifen. Oder sie versuchen es doch mit der Kältediät, dann heißt es: kurze Hose anziehen und raus in den Schnee! (red, 25.1.2016)