Der Ministerrat hat in seiner Sitzung von heute, Dienstag, beschlossen, die Indexanpassung der Richtwertmieten heuer auszusetzen. Üblicherweise findet die Anpassung alle zwei Jahre im April statt. Die Regierung hat sie nun aber auf 2017 verschoben.

Erhöhung hätte rund 2,6 Prozent ausgemacht

Die aktuellen Richtwerte, die für jedes Bundesland einzeln berechnet werden, werden damit weiterhin zwischen 4,92 Euro (Burgenland) und 8,28 Euro (Vorarlberg) liegen. Für Wien gilt ein Wert von 5,39 Euro, die Steiermark und Salzburg liegen bei 7,44 bzw. 7,45 Euro (siehe Tabelle).

Aufgrund der Jahres-Inflationsraten von 2014 (1,7 Prozent) und 2015 (0,9 Prozent) wäre für heuer mit einer Erhöhung von 2,6 Prozent zu rechnen gewesen.

Politische Interventionen

Die Richtwertmieten, die für ab 1994 geschlossene Altbau-Mietverträge gelten, wurden zuletzt im April 2014 um durchschnittlich 4,6 Prozent erhöht. In den vergangenen Jahren geriet die nun eigentlich alle zwei Jahre vorgesehene Erhöhung immer wieder zum Politikum.

Im März 2008 war das System zunächst von der damaligen Justizministerin Maria Berger (SPÖ) abgeändert worden. Weil bis dahin als Messlatte für die – damals noch jährliche – Anhebung der Mieten stets die Inflationsrate vom Dezember des Vorjahres herangenommen wurde, wäre 2008 eine saftige Erhöhung um 3,6 Prozent gekommen. Um dies abzufedern, initiierte Berger das so genannte "Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz" (abgekürzt "MILG"), das fortan die günstigere durchschnittliche Jahresinflationsrate zur VPI-Anpassung heranziehen sollte.

300.000 Mietverträge betroffen

2009 wäre dann aber der Dezember-VPI wieder niedriger gewesen als der Jahresdurchschnitt 2008, was neuerlich zu Änderungen führte. Bergers Nachfolgerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) verschob den Anpassungszeitpunkt um ein Jahr, behielt den Maßstab der Durchschnittsmiete aber bei. Erst im April 2010 stiegen die Richtwertmieten somit um 3,7 Prozent an, was sich aus den Jahresdurchschnittswerten für 2008 (3,2 Prozent) und 2009 (0,5 Prozent) ergab. Mit der Wohnrechtsnovelle 2009 wurde dann festgeschrieben, dass die Richtwerte künftig nur noch alle zwei Jahre erhöht werden sollen – dann allerdings um die kumulierte durchschnittliche Inflationsrate der beiden vergangenen Jahre.

Betroffen von Änderungen der Richtwerte sind bundesweit rund 300.000 Mieterinnen und Mieter in privaten, alten Zinshäusern (mit Mietverträgen nach 1. März 1994) sowie in Wiener Gemeindewohnungen (mit Mietverträgen ab 2004).

AK: "Wichtiger Schritt"

AK-Präsident Rudi Kaske nennt es in einer Aussendung einen "wichtigen Schritt der Regierung, dass der nächste Preisschub für Mieterinnen und Mieter gestoppt wird". Laut Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ersparen sich die Betroffenen rund 150 Euro im Jahr. Kaske hofft nun, "dass auch die ins Stocken gekommenen Verhandlungen bei der Mietrechtsreform neuen Schwung erhalten".

"Sehr zufrieden" zeigte sich auch SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher in einer Aussendung. Sie kündigte an, dass die heutige Regierungsvorlage in der Nationalratssitzung am 27. Jänner dem Bautenausschuss zugewiesen werden wird. "Im Bautenausschuss wird die Vorlage nun zügig abgearbeitet werden, damit das Gesetz, wie vorgesehen, am 1. April, dem Tag, an dem die Erhöhung schlagend werden würde, in Kraft treten kann", so Becher.

ÖVI: "Populistische Maßnahme"

Alles andere als erfreut ist naturgemäß der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI). Präsident Georg Flödl zeigt sich in einer Aussendung "erstaunt, dass während laufender wohnrechtlicher Verhandlungen der Bautensprecher im Parlament auf Regierungsebene eine Maßnahme zur Senkung der Mietkosten präsentiert wird", und fordert die Parlamentarier auf, "diesen Gesetzesvorschlag nicht einfach abzunicken".

Die Vermieter seien schon durch die Wohnrechtsnovelle 2015 (Erhaltungspflichten betreffend Heiztherme) und die Steuerreform 2016 "massiv belastet" worden, mit der nun beschlossenen "gesetzlich verordneten Zwangspause bei der Wertsicherung der Richtwertmieten" würden Investitionen in Immobilien weiter hintangestellt werden.

"Wirtschaft und Finanz bräuchten eigentlich etwas Anderes: eine Erhöhung der Investitionen, Stärkung der Bauwirtschaft und Belebung der Konjunktur. Das Interesse, Wohnraum zur Vermietung zu schaffen, wird mit dem Aussetzen der Indexanpassung keinesfalls gefördert, im Gegenteil." (mapu, 26.1.2016)