In Metallgeld tauschbare Banknote: Die Oesterreichisch-Ungarische Notenbank der k. u. k. Monarchie wurde 1877 geschaffen.

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Wien – Für Bundeskanzler Ignaz Seipel war der Völkerbund die letzte Rettung. Nach Ende des Ersten Weltkrieges 1918 und dem Zerfall der Habsburgermonarchie befand sich die neugegründete Republik Österreich in einer tiefen Wirtschafts- und Währungskrise.

Landwirtschaft und Industrie lagen kriegsbedingt und als Folge der Auflösung des Vielvölkerstaates darnieder. Die Regierung verfügte kaum über Einnahmen und finanzierte sich mit Krediten der Notenbank. Das befeuerte den ohnehin starken Wertverfall der Währung, der Krone, weiter. Von 1914 bis 1922 erhöhte sich das Preisniveau um das 14.000-Fache.

Hilfe vom Völkerbund

Um die Währung zu stabilisieren, ersuchte Seipel den Völkerbund um Kredithilfe. Die Vorgängerorganisation der Uno half Österreich dabei, einen Auslandskredit aufzunehmen, indem er unter anderem Garantien übernahm. Im Gegenzug musste die Regierung in Wien zahlreichen Auflagen zustimmen. Die Einnahmen aus dem staatlichen Tabakmonopol und dem Zoll wurden verpfändet. Ein Völkerbundkommissar wurde eingesetzt, um die Reorganisation von Österreichs Finanzen zu überwachen. Ernannt wurde Alfred Zimmermann, Exbürgermeister Rotterdams, weil er als strikter "Gegner jeder Sozialgesetzgebung und öffentlicher Wohlfahrtsausgaben" galt.

Nachzulesen ist diese Geschichte, die in einigen Aspekten an die aktuelle Griechenlandkrise erinnert, in dem neu erschienen Band Die Bank. Das Geld. Der Staat. Darin zeichnen die Autoren Clemens Jobst und Hans Kernbauer aus Anlass des heurigen 200-Jahr-Jubiläums der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) die Geschichte der Währungspolitik in Österreich seit 1816 nach.

Währungsturbulenzen

Das klingt nur auf den ersten Blick nach trockener Materie. Denn die beiden Ökonomen bieten einen lebendigen Überblick über die politischen Herausforderungen der Geldpolitik. Deutlich wird dabei, dass sich bestimmte Krisen unregelmäßig, aber verlässlich wiederholen. Denn auch mit der Gründung der Notenbank 1816 in Wien hoffte das Kaiserreich, Währungsturbulenzen in den Griff zu bekommen.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde in Österreich erstmals Papiergeld ausgegeben, weil dies den Staat günstiger kam, als die Prägung von Silbermünzen. Die "Bankozetteln" berechtigten die Inhaber dazu, sie jederzeit in Münzen zu tauschen. Als nach 1792 die Kriege zwischen Österreich und dem revolutionären Frankreich begannen, setzte das Kaiserreich auf Papiergeld, um den Konflikt zu finanzieren.

Als Folge vermehrte sich die in Umlauf befindliche Geldmenge. In der Bevölkerung kam Skepsis auf, ob der Staat die Scheine wirklich in Silber eintauschen können würde. Als Folge dieses Vertrauensverlustes verlor das Papiergeld an Wert. Weil ein großer Teil der Steuern mit Bankozetteln bezahlt wurde, entwertete dies in der Folge die Einnahmen des Kaisers.

Eine Bank fürs Vertrauen

Nach mehreren missglückten Versuchen einer Währungsreform und einer Staatspleite wurde 1816 unter Kaiser Franz I schließlich die Notenbank gegründet. Ihre Aufgabe bestand darin, das Vertrauen der Bevölkerung in das Papiergeld wiederherzustellen. "Um das zu erreichen, sollte die neue Institution als unabhängig vom Kaiser angesehen werden", sagt Autor Jobst.

Die Notenbank wurde deshalb als eine Aktiengesellschaft im Privatbesitz gegründet. Die Wiener Banken übernahmen den Löwenanteil am Institut. Der Staat stieg erst viel, viel später, nämlich in den 1920er-Jahren als Aktionär mit ein. Nach 1945 wurde der öffentliche Anteil sukzessive ausgebaut, heute gehört die Nationalbank zu 100 Prozent dem Bund.

Vom Kaiser ernannt

Doch zurück ins Jahr 1816: Die Stärke der frisch gegründeten Notenbank sollte darauf beruhen, dass sie ständig Silber (ab etwa 1870 Gold) vorrätig halten musste, um es bei Bedarf gegen Papiergeld zu tauschen. Das Tauschverhältnis wurde fix vorgegeben. Unabhängig vom staatlichen Einfluss agieren konnte die Bank freilich nicht. So wurde der Gouverneur vom Kaiser ernannt. Zu den zentralen Aufgaben des Instituts gehörte zudem neben der Ausgabe von Papiergeld die Kreditvergabe an den Staat.

Die Notenbank selbst vergab von Anfang an auch Darlehen an private Geschäftsbanken. Diese Funktion wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts immer wichtiger und heute gehört die Bereitstellung von Liquidität zu den Kernaufgaben der Nationalbank.

Kriegsfinanzierung

Wobei der Transformationsprozess des Instituts seit 1816 kein Ende mehr nahm. Als Folge des Ausgleichs zwischen Österreich und Ungarn 1867 wurde die Zentralbank neben Militär und Außenministerium die dritte gemeinsame Institution der beiden Monarchieteile. Die darauf folgende Periode relativer Ruhe endete 1914.

Die Nationalbank spielte eine nicht unwesentliche Rolle bei der Finanzierung des Weltkrieges. So nutzten Österreich und Ungarn Kredite der Zentralbank, um die Kriegskosten zu decken. Auf diese Praxis griff auch die Republik zurück. Der Rest ist Geschichte. (András Szigetvari, 27.1.2016)