Das ist derzeit unsere einzige Wärmequelle im Haus.

foto: british museum

Die ersten Gefäße aus Grab G322 beim Abtransport ins Grabungshaus.

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Eine Weinamphore mit hieratischem "Etikett" aus Grab G301 (circa 1250 vor unserer Zeitrechnung).

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Sofie unter dem Schutzdach beim nicht immer einfachen Zeichnen eines Skeletts. Die durchschnittliche Körpergröße des Teams beträgt 1,64 Meter.

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Die Autorin beim digitalen Vermessen im Schacht von Grab G321.

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Das Niltal westlich von Abri. Wird der Dal-Damm wirklich gebaut, wären nubische Siedlungsgebiete auf mehreren 100 Kilometern Länge überflutet.

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Woche vier in Amara West im nördlichen Sudan. Zurzeit machen uns vor allem die Witterungsbedingungen zu schaffen. Der Sandsturm der vergangenen Woche war kein Einzelfall, und nachts kühlt es auf drei Grad ab. Ohne Fensterglas kann das ziemlich unangenehm werden. Durch den starken Wind wird konstant Sand in die Schächte geweht – ein Arbeiten dort war in den vergangenen Tagen mehrmals nicht mehr möglich. Mit Skiunterwäsche und dick vermummt gleicht das Grabungsteam derzeit eher einer Polarexpedition. Das schützt im Zweifelsfall auch vor dem Eindringen von Sand in die tieferen Kleidungsschichten.

Die Arbeit geht trotzdem gut voran. In zwei Gräbern konnten wir in der vergangenen Woche tiefer in die Grabkammern vordringen. Grab G322, in dem Mohamed mit den beiden Arbeitern Saleh Erbab und Ahmed Medani gräbt, hat dabei bisher die interessantesten Ergebnisse gebracht.

Keramikgefäße und Skelette freigelegt

Wie alle bisher in Amara West erforschten Gräber wurde auch dieses bereits in antiker Zeit vermutlich mehrere Male beraubt und der Inhalt der Kammern dadurch teilweise aus seiner ursprünglichen Lage entfernt. Das erklärt auch, warum wir bereits kurz hinter dem Eingang mehrere vollständige Keramikgefäße finden. Diese gehören zu den häufigsten Grabbeigaben nicht nur in Amara West, sondern allgemein in ägyptischen und nubischen Friedhöfen. Ursprünglich haben sie Speisebeigaben oder Opfergaben enthalten. 2010 fanden wir in einem Grab sogar eine Weinamphore, die eine Inschrift mit Anbauort (Nildelta) und Datum der Ernte (in diesem Fall Jahr 6 der Regierungszeit eines Königs – vermutlich Ramses II.) trägt.

Neben den Gefäßen finden sich in der Kammer unter einer Schicht von etwa 40 Zentimetern Sand außerdem bereits knapp hinter dem Eingangsbereich die Skelette von zwei Männern. Beide sind im Oberkörperbereich gestört, was darauf hindeutet, dass sich hier einst wohl Schmuck befunden hat. Ein kleiner Skarabäus aus grün glasierter Fayence, der wie bei den meisten Bestattungen in die Hand gegeben wurde, entging den Grabräubern jedoch. Auch in der ersten Kammer von Grab G321 konnte Sofie bereits ein erstes Skelett freilegen. Dieses ist jedoch von einem Felsbrocken, der sich im Lauf der Jahrhunderte von der Decke gelöst hat, sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Darüber hinaus legte Sofie ein Fragment einer Inschrift auf einer Tonscherbe frei. Leider ist zu wenig erhalten, um etwas zu entziffern. Es bleibt also zu hoffen, dass auch der Rest davon noch irgendwo zu finden ist.

Fund und Befund

Rein methodisch ist die Grabungsarbeit in Amara West in vielerlei Hinsicht noch eher traditionell, insbesondere was die Dokumentation betrifft. Entgegen landläufigen Klischees geht es der Archäologie nicht nur um das Finden von Objekten, sondern auch um den Befund, also die Fundumstände. Diese müssen während der Ausgrabung genau dokumentiert werden, um später bei der Auswertung nachvollziehbar zu sein, da die Information sonst verlorengeht.

Neben der fotografischen Aufnahme wird daher die Lage jedes Fundes und Befundes genau vermessen, um diesen hinterher wieder im Raum einordnen zu können. Während das andernorts heute zumeist digital über georeferenzierte Orthofotos oder sogar 3D-Laserscanning geht, wird bei uns noch jeder Befund von Hand gezeichnet. Darüber hinaus muss alles in Notizbüchern und Formblättern genau aufgeschrieben werden – eine Arbeit, die uns täglich nach der Grabung bis in den Abend hinein beschäftigt. Die Funde selbst werden im Grabungshaus von Spezialistinnen aufgenommen und untersucht. Darüber werde ich in einem der nächsten Beiträge eingehender berichten.

Sicherheit im Sudan

Als Reaktion auf vorherige Blogeinträge wurde mehrmals nach der Sicherheit im Sudan gefragt, daher möchte ich auch kurz darauf eingehen. Generell gilt das sudanesische Niltal nördlich von Khartoum als sehr sicher. Die Krisenherde im Sudan, von denen auch in den westlichen Medien oft zu hören ist, also die Provinzen Darfur und Kordofan sowie das Grenzgebiet zum Südsudan, sind jeweils zumindest 1.000 Kilometer von unserem derzeitigen Aufenthaltsort entfernt. Hinzu kommt, dass es sich bei den dortigen Konflikten auch um ethnische Konflikte handelt, die die Nubier in unserer Region nicht betreffen. Auch die Kriminalitätsrate ist hier relativ gering. Die größte Gefahr für Leib und Leben im Niltal nördlich von Khartoum sind Fahrzeuge. Auf dem Highway zwischen Khartoum und Wadi Halfa kommt es laufend zu Unfällen, ausgelöst durch unvorsichtiges Fahrverhalten, viel zu hohe Geschwindigkeit und Behinderungen durch Sandverwehungen, Kamele oder andere Hindernisse.

Trotzdem wäre es natürlich naiv anzunehmen, dass es hier völlig ungefährlich wäre. Erst vor wenigen Tagen kam die Meldung in den lokalen Medien, dass das sudanesische Militär Einheiten in die nördliche Wüste versetzen lässt, um die Grenzen zu Ägypten, Libyen und dem Tschad verstärkt vor dem Eindringen von Kämpfern des IS zu schützen. Ein weiteres Problem, das gerade unsere Region betrifft, sind die Pläne der Regierung, entlang des Nils weitere Dämme zu bauen. Nach dem Rückzug der Chinesen hat nun die saudische Regierung die Finanzierung dafür versprochen, obwohl vertraglich noch nichts fixiert wurde. Sollten die Dämme am Dal und Dritten Katarakt gebaut werden, würde fast das gesamte nubische Siedlungsgebiet überflutet, und die Bewohner würden sämtliche Lebensgrundlagen verlieren. Derzeit gibt es daher immer wieder Demonstrationen, auch in Abri, bei denen es teilweise auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt. (Michaela Binder, 28.1.2016)