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Welche Pillen sind echt, welche sind gefälscht? Selbst mit professionellen Augen lassen sich nachgemachte oder abgelaufene und umverpackte Arzneimittel nicht leicht erkennen.

Foto: dpa / Matthias Hiekel

Wien – Gefälschte Arzneimittel – bestenfalls wirken sie nicht, im schlechtesten Fall führen sie zum Tod. Die Palette ist durchaus breitgefächert: illegale, als Generika verkaufte Arzneimittel mit noch patentgeschützten Wirkstoffen; Substandardarzneimittel, bei denen die gute Herstellungspraxis nicht eingehalten wird – insbesondere im Hinblick auf die Reinheit der Substanzen und auf den Gehalt an aktiven Wirkstoffen -, bis hin zu Adulterationen, bei denen Manipulationen der Zusammensetzung vorliegen.

Neben Augenzeugenberichten von Produktionsstätten in Schwellen- und Entwicklungsländern, in denen sich Ratten und sonstiges Kleingetier tummelte und wo unter anderem auch verunreinigtes Wasser zur Produktion verwendet wurde, gab es erst unlängst auch wieder Berichte über sowohl gefälschte als auch abgelaufene, umgepackte Arzneimittel, die in die legale Versorgungskette gekommen sein sollen.

Unter anderem handelte es sich um Medikamente, die bei einer Reihe von Krebserkrankungen in österreichischen Krankenhäusern eingesetzt wurden: Im Nachhinein ist es kaum möglich festzustellen, ob ein Patient ein gefälschtes Krebsmedikament erhalten hat, ob die Behandlung auch die gewünschte Wirkung gezeigt hat und ob Nebenwirkungen auf Fälschungen zurückzuführen sind.

Es ist nicht mehr wegzudiskutieren, dass es sich bei Arzneimittelfälschungen um ein ständig wachsendes, weltweites Phänomen handelt, das durchaus eine globale Bedrohung darstellt. Obwohl sich dieses bei weitem nicht nur auf immaterialgüterrechtliche Aspekte (Produktpiraterie) beschränkt, setzt die Legislative nur bedächtig einen Schritt nach dem anderen.

Schon vor mehr als 25 Jahren hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erste Bestrebungen gezeigt, die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen Arzneimittelfälschungen zu verstärken. Damals wurde bereits darauf gedrängt, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um insbesondere auch mit gesonderter strafrechtlicher Verfolgung gegen die Herstellung und den Vertrieb von gefälschten Arzneimitteln vorgehen zu können.

Zur Unterzeichnung des von der WHO vorgeschlagenen weltweiten Strafrechtsübereinkommens gegen Arzneimittelfälschungen ist es – wie es scheint aufgrund von unterschiedlichen Auffassungen einzelner Staaten – nie gekommen. Im Rahmen eines 2011 in Moskau zur Unterzeichnung aufgelegten völkerrechtlichen Übereinkommens – der Medicrime Convention – wurde das Vorhaben, strafrechtliche Maßnahmen gegen gefälschte Arzneimittel zu ergreifen, schließlich umgesetzt: Die Convention wurde bisher von 21 Staaten unterzeichnet und ist Anfang dieses Jahres in Kraft getreten.

EU-Bestimmungen

Parallel dazu wurde auf EU-rechtlicher Ebene die RL 2001/83/ EG mit der RL 2011/62/EU um Bestimmungen zur Verhinderung des Eindringens von gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette ergänzt. In Österreich wurden diese beiden Gesetzgebungsakte im Hinblick auf Arzneimittel bereits mit dem BGBl I 2013/48 umgesetzt, das mit 13. 3. 2013 in Kraft getreten ist.

Insbesondere wurden zusätzliche Straftatbestände gegen Arzneimittelfälschungen in das Arzneimittelgesetz (AMG) aufgenommen: Das Fälschen von Arzneimitteln mit dem Vorsatz, diese einem Dritten zu überlassen, sowie das mit demselben Vorsatz erfolgende Anbieten, Verschaffen, Überlassen, Vorrätighalten, Aus- und Einführen derselben ist mit Freiheitsstrafe von bis zu drei und bei gewerbsmäßiger Begehung mit bis zu fünf Jahren sanktioniert.

Dagegen ist vorschriftswidriges Erzeugen, Ein- und Ausführen, Anbieten, Überlassen oder Verschaffen von Suchtgift, das die Grenzmenge überschreitet (bspw. >3 g Heroin / 15 g Kokain) bereits mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf und u. a. bei gewerbsmäßiger Begehung mit bis zu zehn Jahren bedroht.

Bedenkt man, dass mit Arzneimittelfälschungen bedeutend höhere Einnahmen als mit illegalen Drogen wie zum Beispiel Heroin oder Kokain erzielt werden können, so ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr kriminelle Organisationen diesen Geschäftszweig für sich entdeckt haben und ihn mit entsprechend krimineller Organisation und Professionalität bedienen.

Es ist naheliegend, dass dies die Verfolgung und Unterbindung von Arzneimittelfälschungen nicht erleichtert. Sicherheitswarnungen wie "Anwender und Apotheker werden gebeten, vor Anwendung und Zubereitung besonderes Augenmerk auf die betroffenen Arzneimittel zu legen" bieten auch kaum die gewünschte Abhilfe. Zudem erfolgt die Verarbeitung mancher Fälschungen so professionell, dass sie mit dem freien Auge kaum oder nur mit speziellen Methoden als solche identifiziert werden können.

Basierend auf der Richtlinie 2011/62/EU wurde 2015 die European Medicines Verification Organisation (EMVO) zur Implementierung eines europaweiten E-Verifizierungssystems für Arzneimittel mittels eines "Data-Matrix-Codes" ins Leben gerufen.

Es bleibt zu hoffen, dass diese neuen Bestrebungen und deren Umsetzung dazu beitragen werden, der Fälschung von Arzneimitteln besser Einhalt zu gebieten. Vor der Fälschung von Euroscheinen schützen – neben den strengen strafrechtlichen Bestimmungen – mehr als acht integrierte Sicherheitsmerkmale. Nun könnte man beinahe glauben, dass Geld doch unser höchstes Gut ist. (Monika Hupfauf, 8.2.2016)