Ankara/Athen – Bei dem Untergang von zwei Flüchtlingsbooten sind in der türkischen Ägäis mindestens 33 Menschen ertrunken. Vier Migranten seien gerettet worden, berichtete die Nachrichtenagentur DHA am Montag. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Dogan starben 22 Menschen, als ihr Boot in der Ägäis sank. Bei einem weiteren Unglück starben nach Angaben örtlicher Medien elf Flüchtlinge.

Das erste Boot sank auf dem Weg vom Bezirk Dikili bei der türkischen Küstenstadt Izmir zur griechischen Insel Lesbos, wie Dogan meldete. Dabei seien elf Menschen ertrunken, drei Insassen seien von der türkischen Küstenwache gerettet worden. Kurz darauf havarierte ein weiteres Flüchtlingsboot, das ebenfalls von der westtürkischen Küste – von der Stadt Edremit aus – startete. Dabei starben 22 Menschen.

In beiden Fällen sei das Ziel der Boote die nur wenige Kilometer entfernt liegende griechischen Insel Lesbos gewesen. Zur Nationalität der Flüchtlinge machte DHA keine Angaben.

Keine Toten am Wochenende

Das Wochenende war noch glimpflich verlaufen: Bei stürmischen Winden wurden 573 Menschen aus den Fluten der Ägäis gerettet. Dies teilte die griechische Küstenwache am Montag mit. Es sei "großes Glück" gewesen, dass niemand ertrunken sei, sagte ein Offizier der Küstenwache.

Auf der Insel Kos und nahe Piräus und Thessaloniki dauerten die indes die Proteste gegen den Bau von Registrierzentren ("Hotspots") und Aufnahmelager an. Bei Thessaloniki blockieren Demonstranten die Zufahrt zu einer verlassenen Kaserne, in der ein Zentrum für 4.000 Migranten entstehen soll. Rechtsgerichtete Demonstranten aus Keratsini demonstrierten gegen den Bau eines Zentrums in der Region Pyräus. Autonome organisierten eine Gegendemonstration, wie das Fernsehen zeigte.

Griechenland drückt nach monatelanger Verzögerungen beim Bau der Registrierzentren nun aufs Gas. Ein Hotspot auf Lesbos ist fertig. Vier weitere sollen bis Monatsende auf den Inseln Chios, Samos, Leros und Kos entstehen.

Athen lehnt Versenkungen ab

Athen bekräftige am Montag, die Versenkung von Flüchtlingsbooten abzulehnen; es handle sich um eine Verletzung des internationalen Rechts. Man versuche die Seegrenze zur Türkei gemeinsam mit der europäischen Grenzagentur Frontex zu kontrollieren, teilte das Außenministerium mit. Gewaltsame Methoden zum Stopp des Migrantenzustroms gebe es nicht.

Dies werde auch der stellvertretende Außenminister Nikos Xydakis im Rahmen eines Besuches in Österreich erklären. Bereits am Montagnachmittag soll Xydakis nach Angaben der griechischen Botschaft in Wien in der Bundeshauptstadt eintreffen. Am Nachmittag ist demnach ein Treffen mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sowie mit dem Generalsekretär des Außenministeriums, Michael Linhart, geplant. Die Flüchtlingskrise steht dabei im Mittelpunkt der Gespräche. Danach reist Xydakis weiter nach Ungarn und in die Slowakei.

Die EU übt Druck auf Athen aus, seine Grenze robuster zu sichern. Anderenfalls könne die mazedonische Grenze völlig geschlossen werden, über die viele aus der Türkei über Griechenland kommende Migranten nach Mitteleuropa weiterreisen.

Mazedonien baut einen Zaun aus, um den Migrantenzustrom zu stoppen. Nach Athener Informationen sind an der Grenze auch Sicherheitsbeamte aus einigen mitteleuropäischen Staaten anwesend. Diplomaten warnten, die Präsenz fremder Polizisten an Grenzen zwischen Balkanstaaten könne alte Spannungen aus der Zeit des Zerfalls Jugoslawiens neu entzünden. Die griechischen Sicherheitsbehörden beobachteten genau die Bauarbeiten auf der mazedonischen Seite der Grenze, hieß es.

Forderung nach Schließung der Nordgrenze

Ungarn und Polen äußerten den Vorschlag, Zäune und Wälle an der Nordgrenze Griechenlands zu errichten. "Wir treten weiterhin für eine neue Verteidigungslinie an der bulgarisch-griechischen und mazedonisch-griechischen Grenze ein", sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán am Montag bei einem Treffen mit seiner polnischen Kollegin Beata Szydlo in Budapest.

Szydlo sagte, die Flüchtlingskrise sei "nicht innerhalb der Grenzen der EU" zu lösen. Orbán erklärte, Griechenland könne Europa nicht schützen. "Läge es an uns Mitteleuropäern, hätten wir schon längst die Gegend dort abgeriegelt", fügte der rechts-konservative Regierungschef hinzu.

Weitere Ankünfte trotz Winterwetters

Trotz des Winterwetters begeben sich immer noch jede Woche tausende Menschen auf die gefährliche Überfahrt in Richtung Europäische Union. Mehr als 200 Menschen kamen dabei seit Jahresanfang ums Leben oder gelten als vermisst.

Die Türkei hat nach eigenen Angaben rund 2,5 Millionen Flüchtlinge alleine aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufgenommen. Am Montag traf sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit der türkischen Führung, um über die Flüchtlingskrise zu sprechen. Die Türkei hatte der EU Ende vergangenen Jahres zugesagt, die Grenzen besser zu schützen. Im Gegenzug hat die EU der Türkei mindestens drei Milliarden Euro für die Versorgung der Flüchtlinge versprochen.

Griechenland weist Albaner und Marokkaner ab

Griechenland hat im Jänner indessen insgesamt 1300 Migranten ausgewiesen, die sich nach Behördenangaben illegal im Land aufhielten. Wie das Bürgerschutzministerium am Montag mitteilte, handelte es sich um 755 Albaner, 336 Marokkaner, 51 Georgier, 25 Iraner und einige Bulgaren und Türken.

In Griechenland halten sich mehrere Zehntausend Migranten auf, die keinen Anspruch auf Asyl haben. Schwierig gestaltet sich die Rückführung von Bürgern aus Pakistan, Indien, Sri Lanka und nordafrikanischen Staaten. Die Botschaften und Regierungen dieser Länder bearbeiten Anträge zur Rückführung ihrer Bürger nur im "Schneckentempo", sagte ein Offizier der Ausländerpolizei. (APA, 8.2.2016)