Wien – Seit Arbeiterkammerdirektor Werner Muhm eine Diskussion über Zugangsschranken für Osteuropäer angezettelt hat, geht es rund – in der SPÖ. Der rote Kanzlerberater erhält ebenso Lob wie Tadel aus den eigenen Reihen, während sich die ÖVP zurücklehnt. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sprach von einer "Phantomdebatte", da Abstriche bei der Personenfreizügigkeit ohnehin nicht zur Debatte stünden.

Der ÖVP-Chef ist damit etwas überraschend weitgehend einer Meinung mit dem SPÖ-Präsidentschaftskandidaten Rudolf Hundstorfer, der bis Jänner in der Regierung für den Arbeitsmarkt zuständig war. Hundstorfer stehe Forderungen zur Beschränkung der Freizügigkeit "sehr, sehr skeptisch" gegenüber. Er stellt sich die Frage, was das für die heimische Wirtschaft bedeuten könnte, und macht darauf aufmerksam, dass auch viele Österreicher im Ausland arbeiten und davon betroffen sein könnten.

Ganz anders sieht das Hans Niessl. Der burgenländische Landeshauptmann unterstützt "zu 100 Prozent" den Vorstoß Muhms, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit einer "Notfallsverordnung" die Personenfreizügigkeit in der EU zu beschränken. Denn die Situation im Burgenland sei "noch viel ärger" als in anderen Bundesländern, wie er im ORF-"Morgenjournal" am Sonntag erklärte. Von seinen blauen Koalitionspartnern erhielt er für die Ansage prompt Beifall.

Arbeitnehmervertreter in der Mitte

Irgendwo in der Mitte stehen die Arbeitnehmervertreter: Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske sprach sich in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag für stärkere Kontrollen aus, weil aus dem Ausland hereinarbeitende Unternehmen die heimischen Löhne unterlaufen würden. Sollten neue EU-Mitglieder aufgenommen werden, etwa vom Balkan, dann sei für deren Arbeitskräfte genauso eine siebenjährige Übergangsfrist zu überlegen, wie es sie für Bulgaren und Rumänen gegeben hatte, sagte Kaske. Wenn die derzeitige Entwicklung bleibe, sei klar, dass der heimische Arbeitsmarkt "nur begrenzt aufnahmefähig" sei.

Wie es nun weitergeht? Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) will an ein paar Schrauben drehen, um Druck vom Arbeitsmarkt zu nehmen.

Sozialbeiträge: Die EU-Entsenderichtlinie sieht zwar vor, dass von ausländischen Betrieben über die Grenzen geschickte Arbeitnehmer nach gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Mindestlöhnen bezahlt werden. Allerdings gilt das nicht für Sozialbeiträge, und die sind gerade in den osteuropäischen Ländern geringer als in Österreich. Für heimische Auftraggeber sind ausländische Angebote daher oft günstiger. Faymann will hier eine Angleichung.

Maximaldauer: Bei längeren oder wiederholten Entsendungen will der Kanzler besondere Restriktionen einführen. Dabei soll es zur vollständigen Übernahme österreichischer Vorgaben im Arbeitsrecht und im Kollektivvertrag kommen. Zudem spricht sich Faymann dafür aus, dass die Entsenderichtlinie eine Art Mindestschutz für den Arbeitnehmer darstellt und darüber hinausreichende Maßnahmen der Mitgliedsstaaten möglich werden. (red, 14.2.2016)