Marion Reddy, Iris Zachenhofer
Kopfsache schlank

Wie wir über unser Gehirn unser Gewicht steuern
Edition a 2016
207 Seiten, 21,90 Euro

Foto: edition a

Große Probleme unserer Gesellschaft spiegeln sich fast immer am Buchmarkt wieder. Abnehmen ist dort ein ganz heißes Thema. Es gibt unzählige Ansätze, die Übergewichtige von der Völlerei abhalten sollen, Handlungs- und Kochanweisungen inklusive.

Einen interessanten Blickwinkel auf das Problem der übermäßigen Kalorienzufuhr haben die beiden Ärztinnen Marion Reddy und Iris Zachenhofer gewählt. Die beiden kennen sich von Berufswegen mit dem menschlichen Gehirn aus, sie arbeiten als Neurochirurginnen, und haben versucht zu analysieren, wie und warum Menschen zu viel essen.

Das Ergebnis dieser Recherche ist keine Anleitung vom hohen Ross, sondern im Gegenteil, ein Erfahrungsbericht. Iris Zachendorfer hat sich als "Versuchskaninchen" zur Verfügung gestellt und ihre eigenen Essmuster analysiert. Stress, Entspannung, Gemütlichkeit, Belohnung: Sie lässt ihre Leser sehr freizügig an ihren inneren Antriebsmechanismen teilhaben. Über weite Strecken plätschert das Buch deshalb auch im Plauderton vor sich hin. So als ob eine gute Freundin ihr Leid ausbreitet.

Anatomie des Gehirns

Männliche Leser werden damit unter Umständen weniger gut zurecht kommen. Was schade ist, denn zwischen den Alltagsbeschreibungen von Zachenhofer kommt handfest Hirnphysiologisches zur Sprache. So führt die Neurochirurgin die Funktion von Basalganglien recht eindrücklich vor Augen. Sie sind für sämtliche Routinen im Leben verantwortlich und damit für unser System eine sehr ökonomische Angelegenheit. Der erste Schritt dieses Abnehmbuches ist es also, sich selbst und seine unbewusst ablaufenden Gewohnheiten in Bezug auf das Essverhalten zu enttarnen.

Das ist nicht immer leicht, vor allem deshalb, weil Basalganglien nur ein Teil eines viel komplexeren Hunger-Sättigungssystems sind. Der vom Gehirn aus regulierte Blutzuckerspiegel hat uns ebenfalls fest im Griff. Die beiden Autorinnen wandeln auf den Spuren von Nahrungsmitteln und ihres Glykämischen Indexes und versuchen, Heißhungerattacken zu vermeiden, konkret sie abzufangen, bevor sie überhaupt entstehen. Dabei erläutern sie, welche Rolle der Hypothalamus und der präfrontrale Cortex spielen und wie sich beide überlisten lassen. Ein Kapitel ist schließlich auch dem Hirnbotenstoff Dopamin gewidmet.

Trick 17 mit Selbstüberlistung

Mitunter sind es sehr brauchbare und lustige Tricks, die die beiden Autorinnen ihren Lesern vor Augen führen – immer betonend, dass jeder Mensch seinen ganz eigenen Weg zur Umprogrammierung finden muss. Ganz ohne Rezeptteil kommt das Buch aber dann doch nicht aus, dass Hausmannskost Eingang gefunden hat, ist erstaunlich.

Fazit: Sich selbst kennenlernen, Verhaltensmuster aufspüren und sich selbst überlisten: Ist doch kein schlechter Ansatz in der Fastenzeit. (Karin Pollack, 16.2.2016)