Montafoner Steinschafe treten mit schwarzem, weißem oder geflecktem Fell auf, mit oder ohne Hörner. Sie sind kleiner als das übliche Hausschaf und liefern eine feste Wolle und ein Fleisch mit markantem Wildgeschmack, aber keine Milch.

Foto: Bewusst Montafon

Gaschurn – Über das Montafoner Braunvieh hat jeder in der Schule gelernt, über das Montafoner Steinschaf aber nicht. Dabei ist der kleingewachsene Wiederkäuer genauso eine autochthone Rasse, die seit Jahrhunderten nur im hinteren Teil des Vorarlberger Tals lebt.

Doch im Laufe des 20. Jahrhunderts starb das Steinschaf fast aus. Im NS-Regime als minderwertig verachtet, wurde es nach dem Krieg immer mehr von anderen Hausschafen verdrängt, die Milch, ein milderes Fleisch und eine weichere Wolle liefern, sowie von der wachsenden Rinderzucht.

Erst 1989 kaufte der Dornbirner Biobäcker Markus Stadelmann die letzten Steinschafe aus dem Montafon zusammen und legte ein Zuchtbuch an. Eine Genuntersuchung aller österreichischen Schafrassen bewies dann im Jahr 2002, dass das Steinschaf tatsächlich eigenständig ist.

"Ein Stück Identität"

Seither hat ein kleiner Boom im Steinschafzüchten eingesetzt, angeführt von einer Gruppe idealistischer Montafoner, die ihrem Heimattal mit dem Steinschaf auch ein Stück Tradition und Geschichte retten wollen. "Ich sehe das Steinschaf als ein Stück Kulturerbe und Identität des Montafon" , sagt Peter Kasper, der seit 2008 Steinschafe züchtet und gemeinsam mit seinem Kollegen Martin Mathies eine Arbeitsgruppe für das Montafoner Steinschaf leitet. "Welche Talschaft kann schon von sich behaupten, zwei eigene Tierrassen zu haben?"

Die Zahl der Steinschafe ist inzwischen auf knapp 450 in Vorarlberg gestiegen, von denen inzwischen an die 200 im Montafon leben. Rund 20 Züchter halten sich im Tal kleine Herden, im restlichen Bundesland sind es 50 bis 60, glaubt Kasper, der hauptberuflich Versicherungskaufmann ist. "In den letzten zwei Jahren hat sich die Zahl fast verdoppelt, in fast jeder Gemeinde sind Züchter, es gibt ein riesengroßes Interesse", sagt Kasper. Hochgefährdet ist das Steinschaf allerdings noch immer.

Strenges Zuchtbuch

Und die Züchtung ist mühsame Kleinarbeit. Über ein strenges Zuchtbuch werden die potenziellen Muttertiere mit den wenigen Widdern zusammengebracht, die rassenrein und nicht verwandt sind. Denn Inzucht muss so gering wie möglich gehalten werden. Die Schafe werden auf Weiden in Ortsnähe gehalten; es fehlt an eigenen Hochalmen, wo sie nicht mit anderen Schafen zusammenkommen und sich mit diesen vermischen. Ein solches eigenes Steinschafrevier wird erst gesucht.

Dafür ist es den Züchtern mithilfe des Vereins Bewusst Montafon gelungen, die Tiere, ihre Wolle und ihr Fleisch populär zu machen. Man kann eine Patenschaft für ein Muttertier mit Lamm für 200 Euro im Jahr übernehmen und dieses Patentier auch besuchen; allerdings gibt es dafür mehr Nachfrage als verfügbare Tiere.

Eigener Charakter

Was Steinschafe auszeichnet, ist ihre Vielfalt. Sie sind schwarz, weiß oder gefleckt, mit oder ohne Hörner, oft zutraulich aber auch zurückhaltend gegenüber Fremden, "so wie der Montafoner halt ist", sagt Mathies. "Und jedes hat seinen eigenen Charakter."

Paten erhalten im Gegenzug Wollprodukte oder Fleisch, wobei die meisten ihr Tier nicht geschlachtet sehen wollen. Dafür ist das feinfasrige Fleisch, das etwas Wildgeschmack aufweist, bei anderen Kunden sehr beliebt. Milch liefern Steinschafe nicht; einen Steinschafkäse kann es daher nicht geben.

Witterungsbeständige Wolle

Steinschafe liefern zwar weniger Wolle, dafür ist diese besonders wertvoll; zwar zu kratzig für Kleidung, aber dank langer Grannenhaare witterungsbeständig und wasserfest – geeignet für Hüte, Lampenschirme, Schuheinlagen oder Teppiche. Als in Schruns noch eine Lodenfabrik stand, waren Steinschafe wichtige Rohstofflieferanten für sie.

Erst wenn es rund 2000 eindeutige Steinschafe gibt, kann die Rasse von hochgefährdet auf gefährdet herabgestuft werden. Ähnliche Probleme hat das engverwandte Krainer Steinschaf in der Steiermark. Es wird noch viele Jahre und viel Kraft brauchen, bis die Steinschafzüchter ihr Ziel erreicht haben, weiß Kasper: "Wir wollen, dass sich die Zucht und Vermarktung von selber trägt und die Tiere ihren berechtigten Platz in der Region haben. " (Eric Frey, 18.2.2016)