Neue Farben, neuer Look, neues Leben: Die aktuellen Nagellackkollektionen von Essie setzen auf Kontraste.

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Konsumentinnen in Parfümerien können wie wilde Tiere sein. Hungrig zum Beispiel. Ihres Spiegelbilds überdrüssig, treiben sie sich zwischen den Verkaufsständen mit Farbpaletten in sämtlichen möglichen Schattierungen herum, um irgendwo irgendetwas Neues und Frisches zu finden. Genau auf solche Kundinnen haben es die Beautykonzerne abgesehen. Für sie erfinden sie Saison für Saison die sogenannten neuen Looks. Meist eine Kombination aus Lippenstift, Lidschatten und Nagellack, die schlechte Laune vertreiben und Frauen auf die neue Jahreszeit einschwören sollen. Dieses Jahr neu: Farben, die an die 1970er-Jahre erinnern.

Jagdinstinkte geweckt

"Immer das Neueste haben wollen ist eine wichtige Motivation", sagt Marie-Theres Weinmann, Make-up-Artistin und in Douglas' House of Beauty auf der Wiener Kärntner Straße für Giorgio Armani im Einsatz. Bei Schminke sei ganz allgemein Preisunbewusstsein eine Art Grundstimmung, ortet Weinmann und vermutet, dass kaum jemand eine Lidschattenpalette wirklich jemals aufgebraucht hat. Sie kenne Wiens Armani-Sammlerinnen, die jeden einzelnen Look der vergangenen Jahre besitzen und die neue Runway-Kollektion schon vorreserviert haben. Weil Looks zeitlich limitiert sind, wecken sie Jagdinstinkte.

Wie die saisonal wechselnden Farbwelten entstehen? Bei Armani etwa direkt in den Schneiderwerkstätten. Wenn die Stoffe für eine neue Kollektion ausgesucht werden, denkt Armanis Chefschminkerin Linda Cantello das Gesicht gleich dazu. Bei Yves Saint Laurent war das nur früher so, heute ist die Beauty-Sparte von der Mode unabhängig, und der Farbkünstler Lloyd Simmonds ist am Ruder. Der sieht Frauen als freie Elektronen, zur Schminke wird stets auch eine Portion Selbstverständnis serviert.

Viele andere Kosmetikhersteller schicken Trendscouts los. Für Astor zum Beispiel war Iris Martin gerade in Paris und hat sich in den dortigen Trendbüros ein Bild davon gemacht, wie 2018 aussehen wird. Toll fand sie den Salon von Trendforscherin Li Edelkoort, weil er so inspirierend ist. Ende März fährt Martin dann auf die Cosmoprof nach Bologna und dann zurück in die Labore, um Farben vorzuschlagen.

Mut in Zügeln

"Monochrome Lidschatten, starke Augenbrauen, leicht glossige Lippenstifte", sagt sie, nicht ohne zu betonen, dass jeder Trend immer auch gleich eine Gegenbewegung mit auslöst. Matte Lippenfarben werden wieder glänzender, nennt sie als Beispiel.

Ohne Lust auf Veränderung macht dekorative Kosmetik allerdings wenig Sinn. Für Marie-Theres Weinmann in der Beratung ist es die große Kunst, die Looks von den Modeschauen auf normale Frauen runterzubrechen. "An einem 17-jährigen Model sieht im Grunde ja fast alles gut aus", sagt sie. "Das Gute an Trends ist, dass sie das Mutige zum Mainstream machen können", meint Weinmann.

Wenn plötzlich viele Frauen grünliche Lidschatten tragen, wirkt es nicht mehr exaltiert, sondern ultramodisch. Und: Nach den grauen Wintermonaten ist so gut wie jeden Frühling wieder die Lust nach frischen Farben groß. Dior bedient sie auf vorbildliche Weise. Chanel wiederum lässt Frauen mit der L.A. Sunrise Collection von Kalifornien träumen.

Und die Nagellackmarke Essie setzt auch auf gute Laune und starke Kontraste. "Es geht aktuell auch stark um Texturen. Pudriges wird flüssig, ein Lippenstift multifunktional, und Make-up sollte am besten hautverschönernd, aber unsichtbar sein", kann Iris Martin über einen Trend berichten, der aus Südkorea nach Europa schwappt. Schminke ist dort eine Art Traumfabrik, die nicht nur Frauen, sondern auch Männer interessiert.

Arbeiten mit Cushions

Wichtiger als alles andere, da sind sich sämtliche Schminkprofis einig, ist jedoch ein ebenmäßiger Teint. Empfohlen werden Primer und Make-up, die mit entsprechenden Pinseln oder – brandneu – Schwämmchen aufgetragen werden. "Cushions ist der Fachbegriff, in Südkorea wird an selbstdesinfizierenden Varianten gearbeitet."

Wer nicht weiß, was ein perfektes Make-up ist, kann es sich von Lisa Eldrige zeigen lassen. Die Make-up-Artistin betreibt www.lisaeldrige.com mit 2,5 Millionen Besucherinnen pro Monat und ist mit ihren Schminktutorials so erfolgreich, dass sie diese Saison die Looks für Lancôme entworfen hat. Eldrige geht den Frühling französisch-pastellig an, zeigt, wie sie sich selbst vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan pinselt. Schminke ist immer auch ein bisschen wie im Märchen – damit sind wir groß geworden. (Karin Pollack, RONDO, 7.3.2016)

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Frisches Grün und Frühling steht im neuen Look von Dior im Fokus.

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Farbenpracht hat bei Yves Saint Laurent immer Priorität.

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Sunkiss Ribbon ist der Blush aus der L.A. Sunrise Collection von Chanel.

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Lancôme macht Lidschatten, der wie eine Bonbonnière aussieht.