"Die Überbrückung der Bauplätze auf der Dachebene ist eine wunderschöne und auch einzigartige Geste", sagt Gesiba-Chef Ewald Kirschner. Die Gemüse- und Kräuter-Hochbeete sind für alle Bewohner da.

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Auf dem Dach der Oase 22 kann man im Kreis gehen – und laufen.

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53 Runden. So viele bräuchte man, um auf dem 800 Meter langen Skywalk, auf dem in der Übergangszeit regelmäßig joggende Silhouetten zu erblicken sind, einen klassischen Marathon zu laufen. Der Loop im Dachgeschoß mit Blick auf ganz Donaustadt ist einer der Bestandteile des umfassenden und auch bauteilübergreifenden Freiraumkonzepts in der gefördert errichteten Wohnhausanlage Oase 22. Er dient nicht zuletzt als symbolische Klammer, um die drei Bauteile der Bauträger Gesiba, Buwog und ÖSW zusammenzufassen.

Problematisches Grundstück

Einst befand sich hier das Firmengelände des Stahlbauers Waagner-Biro. 2007 wurde das 14.000 Quadratmeter große Areal an der Adelheid-Popp-Gasse 5 aufgelassen und einem Europan-Wettbewerb unterzogen. Das Auswahlverfahren ist die größte europäische Wohn- und Städtebauwettbewerb-Initiative für Jungarchitekten und wird alle zwei Jahre ausgeschrieben.

Die beste Lösung für das problematische Stadlauer Grundstück, das zwischen S-Bahn-Gleise, Einfamilienhäuser und riesige Gewerbebauten eingezwickt ist, fand damals das Wiener Architekturbüro studio uek.

"Unsere Idee war, einen ringförmigen Loop zu bauen und damit einen großen, innen liegenden Freibereich zu definieren", sagt Architekt Benni Eder von uek. "Damit lenken wir ein bisschen von der heterogenen, zum Teil industriellen Umgebung ab." Um das wieder wettzumachen, gibt es auf dem Dach einen umlaufenden Skywalk, der die unterschiedlichen Bauteile und Häuser mittels Brücken und Stiegen miteinander verbindet. Aus baurechtlichen Gründen mussten die Verbindungsstege so ausgeführt werden, dass sie jederzeit auf Widerruf wieder demontierbar sind.

Aussichtspunkte und Hochbeete

"Ach, das wird hoffentlich nie passieren", sagt Ewald Kirschner, Generaldirektor der Gesiba, "denn die Überbrückung der Bauplätze auf der Dachebene ist eine wunderschöne und auch einzigartige Geste. Außerdem finden hier oben wichtige soziale Aktivitäten statt." Nach einem Landschaftsplanungskonzept von Rajek Barosch gibt es auf den Dächern Aussichtspunkte, Grünflächen, windgeschützte Nischen, kleine Plätze mit Sitzgruppen sowie Hochbeete zum Anbauen von Kräutern und Gemüse. Einziger Wermutstropfen: Aus haftungstechnischen Gründen müssen einige Teile des Skywalks im Winter gesperrt werden.

"Vor allem aber fasziniert mich der Nutzungsmix, den wir in der Oase 22 erreicht haben", so Kirschner, der 171 der insgesamt 319 Wohnungen errichtete. "Neben ganz klassischen Wohneinheiten haben wir nämlich 30 betreubare, barrierefreie Wohnungen sowie ein geriatrisches Tageszentrum." Betrieben werden die beiden Einrichtungen von der Caritas sowie vom Fonds Soziales Wien. Hinzu kommen diverse Wintergärten, Waschküchen, Gemeinschaftsräume sowie ein Hausbetreuungszentrum der Gesiba. Auf der Nachbarparzelle des ÖSW gibt es zudem einen Sportraum, den die ASKÖ betreibt.

Syrische Flüchtlingsfamilien

Die Einstiegsmiete liegt bei knapp sieben Euro pro Quadratmeter, der Eigenmittelbeitrag für Bau- und Grundkosten beläuft sich auf 450 Euro pro Quadratmeter. Der Migrantenanteil beträgt nach Auskunft der Gesiba aktuell rund 20 Prozent, und in einigen der Wohnungen in der Oase 22 sind seit kurzem sogar syrische Flüchtlingsfamilien untergebracht.

"Integration ist für mich ein gesellschaftspolitischer Auftrag, dem wir als gemeinnütziges Bauunternehmen nachzukommen haben", so Krischner. "Unsere Philosophie: Solange wir Menschen – Österreicher oder Migranten – in ihrer vertrauten, angenehmen Umgebung, in ihren eigenen vier Wänden behalten können, ist das ein sozialer, integrativer Mehrwert, der sich zudem volkswirtschaftlich rentiert." (Wojciech Czaja, 3.3.2016)