Wien – Im Prozess um eine 600.000-Euro-Zahlung der Immo-Gesellschaft UBM an Walter Meischberger ist heute, Mittwoch, am Wiener Straflandesgericht die Aussage von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser verlesen worden. Grasser war ursprünglich Beschuldigter. Der Verdacht, das Geld sei Schmiergeld für die Einmietung der Finanz in das UBM-Objekt Brehmstraße, wurde jedoch im Ermittlungsverfahren fallengelassen.

Durch die Verlesung der Aussage hat sich der Ex-Finanzminister einen Zeugenauftritt im Verfahren erspart. Anders hingegen der Immobilienmakler Ernst Karl Plech, der morgen, Donnerstag, um 9 Uhr als Zeuge geladen ist. Plech hatte mit Meischberger jenes – von Ermittlern abgehörte – Telefonat geführt, in dem er Meischberger sagte, hinter der "Münchner Gschicht" stehe in Wahrheit die Brehmstraße. Ermittlungen gegen Plech waren eingestellt worden.

Dieser ursprünglich vermutete Zusammenhang ist jedoch nicht angeklagt, sondern der Vorwurf der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft lautet auf Untreue. Die UBM habe ohne Grund Geld an Meischberger gezahlt. Demgegenüber verteidigen sich die zwei angeklagten UBM-Vorstände und Meischberger, die 600.000 Euro seien ein Maklerhonorar für einen Tipp an die UBM gewesen, dass das Münchner Hotel Holiday Inn in der Leopoldstraße zum Verkauf stehe.

Grasser Aussage vorgelesen

Grasser war im Ermittlungsverfahren noch zur Brehmstraße befragt worden. Richter Michael Tolstiuk las heute Grassers Aussage vor: Die Übersiedlung von Finanzbeamten sei ein "Routineprozess" gewesen. Ansprechpartner seien die Beamten gewesen, er, Grasser, habe "keine Ahnung", wie diese auf die Brehmstraße aufmerksam wurden. Mit Meischberger habe er nicht darüber gesprochen. Er habe keine "erheblichen Leistungen", und auch "keine unerheblichen Leistungen" für die Einmietung der Finanz bekommen. Auf die Frage, ob er sich von Meischberger hintergangen fühle, sagte Grasser laut Protokoll: "Nicht nur von ihm". Seine Mutter habe ihn angerufen, laut Teletext habe er "tausende Euro" bei der Brehmstraße kassiert.

Drei aus Deutschland angereiste Zeugen wurden heute zum Verkaufsprozess des Münchner Hotels an die UBM einvernommen. Dabei gingen die Aussagen auseinander.

Ein als UBM-Berater tätiger Zeuge sagte aus, er sei damals, zu Jahresanfang 2003, von dem nun angeklagten UBM-Vorstand kontaktiert worden, er solle sich das Hotel genauer anschauen. Der UBM-Vorstand habe ihm gesagt, er habe "eine Information" bekommen, ihm aber den Informanten nicht genannt. Er habe vorher nicht gewusst, dass das Hotel zum Verkauf stand, beteuerte der Zeuge. Auf einen Vorhalt der Staatsanwaltschaft, die ihn mit einer anderen Zeugenaussage konfrontierte, räumte er ein, es habe ein "Informationsmemorandum" gegeben, aber keine Ausschreibung.

Zweiter Zeuge

Demgegenüber sagte ein zweiter Zeuge, der bei der Immobiliengesellschaft "Münchner Grund" arbeitete, heute im Zeugenstand aus, in "ganz München" sei damals bekannt gewesen, dass der betreffende Straßenzug in der Leopoldstraße, wo das Hotel lag, zum Verkauf stand. Ein dritter Zeuge aus Deutschland wiederum korrigierte seine Aussage im Ermittlungsverfahren. Damals hatte er von einer "Ausschreibung" das Hotels gesprochen, heute sagte er: "Vielleicht ist das Wort Ausschreibung falsch". Nach seiner Information habe eine Maklerfirma das Hotel angeboten.

Von Meischberger, der den entscheidenden Tipp an die UBM gegeben haben will, wusste keiner der heute befragten Zeugen irgendetwas. In die Kalkulation werde immer eine Provision einberechnet, das sei üblich, weil meistens eine Provision bezahlt wurde, hieß es von den Deutschen. Daher sei auch in der Kalkulation zum Münchner Hotel eine Provision berechnet worden.

Weiters wurden heute auch Zeugenaussagen zur Brehmstraße verlesen. Dazu war 2004 der Steuerberater Christian Zeidler vom Finanzministerium mit der Neuanmietung beauftragt worden. Er habe keine Wahrnehmung, dass Grasser im Verfahren in Erscheinung getreten wäre, so Zeidlers Aussage. Es sei nach einem Punktemodell entschieden worden, Bestbieter sei die UBM gewesen.

Verhandlungsrunden

Laut einer ebenfalls verlesenen Aussage eines anderen Finanzbeamten waren nach einer ersten Bewertung noch die Objekte Dresdnerstraße, Brehmstraße und Handelskai im Rennen. Dann habe es eine neue Verhandlungsrunde gegeben. In dieser zweiten Runde siegte dann die Brehmstraße, weil die UBM den Mietpreis noch einmal reduzierte.

Alle der heute befragten bzw. verlesenen Zeugen gaben an, nichts über eine Rolle Meischbergers zu wissen, weder bei der Brehmstraße noch beim Münchner Hotelkauf.

Ein Immobilien-Angebot von Meischberger an die UBM betreffend München wurde laut Anklage erst im Jahr 2005 produziert und um zwei Jahre vordatiert, um zum UBM-Hotelkauf zeitlich zu passen. Laut einem Sachverständigen wurde das Angebot neu abgespeichert und trug deswegen das neue Datum. Wann es erstmals erstellt wurde, konnte der Sachverständige nicht feststellen.

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die Zahlung Schmiergeld für die Übersiedlung von Finanzbeamten unter dem damaligen Finanzminister und Meischberger-Freund Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) in die Wiener Brehmstraße war. Bei dem Geldfluss fällt der Zeitverlauf besonders auf: Meischberger stellte der UBM am 23. Mai 2005 eine Rechnung über 500.000 Euro plus 100.000 Euro Umsatzsteuer aus. Genau einen Tag danach, am 24. Mai, verkündete die UBM laut einer APA-Meldung die Einmietung der Zollbeamten in das UBM-Gebäude Brehmstraße. Der Eingangsstempel auf Meischbergers Rechnung ist der 25. Mai 2005. Das Münchner Hotel, für das Meischberger das Geld als Provision kassiert haben will, hatte die UBM allerdings schon im Oktober 2003 gekauft. (APA, 2.3.2016)