Ljubljana – Der slowenische Außenminister Karl Erjavec hat in der Nacht auf Donnerstag ein von der konservativen Opposition angestrengtes Misstrauensvotum überstanden. Nach einer 16-stündigen Marathonsitzung votierten 51 der 90 Abgeordnete für den Minister, dem unter anderem eine "pro-russische" Außenpolitik sowie das Scheitern des Schiedsverfahrens im Grenzstreit mit Kroatien angelastet wurden.

Letztlich stimmten nur 20 Abgeordnete der konservativen Demokratischen Partei (SDS) und der christdemokratischen Partei "Neues Slowenien" (NSi) für eine Abberufung des Ministers. Die linke Oppositionspartei ZL (Vereinigte Linke) enthielt sich der Stimme, die Mandatare der drei Koalitionsparteien SMC (Partei des modernen Zentrums), DeSUS (Demokratische Pensionistenpartei) und SD (Sozialdemokraten) hielten dem Chefdiplomaten die Stange.

Verantwortlich für Klimawandel?

Im Misstrauensantrag wurde Erjavec eine "improvisierte", "prinzipienlose" und "unverständliche" Außenpolitik vorgehalten. Der scharfzüngige Chefdiplomat reagierte sarkastisch. "Es fehlt nicht viel, und ihr hättet mich auch noch für die Klimaveränderung verantwortlich gemacht", sagte er in Richtung der Opposition. Der Misstrauensantrag ziele vielmehr darauf ab, die Regierung von Ministerpräsident Miro Cerar zu schwächen.

Als langjähriger DeSUS-Chef ist Erjavec eine der Schlüsselfiguren der slowenischen Politik. Seine Partei spielt seit zwei Jahrzehnten das Zünglein an der Waage zwischen Links- und Rechtsparteien. Erjavec verstand es immer wieder, sein politisches Schicksal mit jenem der jeweiligen Regierung zu verbinden. Beobachter hatten daher keinen Zweifel, dass sich die Drei-Parteien-Koalition hinter den Außenminister stellen wird.

Ministerpräsident Miro Cerar sprach von "pauschalen und dürftig begründeten Vorwürfen" gegen seinen Chefdiplomaten, obwohl das Verhältnis der beiden nicht allzu gut ist. Kürzlich ist nämlich bekannt geworden, dass sich Erjavec unmittelbar nach dem fulminanten Wahlsieg Cerars bei der Parlamentswahl im Juli 2014 äußerst abschätzig über den politischen Quereinsteiger geäußert habe. Cerar zum Ministerpräsidenten zu machen "wäre so, als würde mir jemand einen Sattelschlepper zum Fahren geben, obwohl ich noch nie dort drin gesessen bin". Cerar habe ein politisches Ablaufdatum von einem Jahr, dann werde seine Partei "zusammenstürzen", sagte Erjavec.

Massiver Gegenwind

Tatsächlich hat Ministerpräsident Cerar aktuell mit massivem politischen Gegenwind zu kämpfen. Vor allem Korruptionsaffären von Ministern machen ihm zu schaffen, weil er seinen Wahlsieg vor allem dem Versprechen einer sauberen Politik zu verdanken hat. In den Augen vieler Anhänger hat er sich diskreditiert, weil er dem korruptionsbelasteten Finanzminister Dusan Mramor die Mauer machte.

Zugleich sieht sich Cerar wegen der Flüchtlingskrise mit einem beispiellosen Aufschwung des Rechtsextremismus im Land konfrontiert. Demonstrationen gegen Flüchtlinge, bei denen Cerar als Volksverräter beschimpft wird, stehen an der Tagesordnung. Unterstützt werden die Demonstranten von der konservativen Opposition unter Ex-Premier Janez Jansa, der sich die fremdenfeindliche Diktion zu eigen macht. "Das Motto dieser Regierung ist: So viele Slowenen wie möglich raus, so viele Flüchtlinge wie möglich rein, und wir werden ewig regieren", twitterte er kürzlich über Cerar, dessen SMC er als "Partei des Migrantischen Zentrums" verunglimpft. (APA, 3.3.2016)