Das Museumsquartier hat die meisten Facebook-Likes.

Wien – Ein Kuratorentext lässt sich im Netz schwer verkaufen. Dieses Faktum mussten die künstlerischen Leiter von Kultureinrichtungen in den letzten Jahren wohl oder übel anerkennen. Will man auch in den sozialen Netzen Aufmerksamkeit erregen, gilt es, Sprache, Länge und Inhalt der Texte anzupassen. Einige Häuser holten sich dafür Spezialisten an Bord. Sie arbeiten an der Schnittstelle von Marketing und Kulturvermittlung und sind immer öfter auch Teil des inhaltlichen Programms.

Im angelsächsischen Raum wird auf professionelle Onlinekommunikation seit langem viel Wert gelegt. Bis zu 16 Personen kümmern sich etwa am New Yorker Metropolitan Museum um die Auftritte im Netz. Wie beim Louvre oder dem MoMa New York geht die Anzahl der Facebook-Fans in Richtung zwei Millionen.

Auch Social Media kostet

Aber auch in Österreich habe sich in den vergangenen fünf Jahren viel getan, meint Christian Henner-Fehr, Social-Media-Experte am Wiener Institut für Kulturkonzepte. "Früher hat man gedacht, Social Media kostet nichts, und man kann das nebenher betreuen. Aber das stimmt nicht." Richtig gut gehe es nur dort, wo auch ein bisschen Geld in die Hand genommen wird. "Und wo man Social Media schon beim Kuratieren mitdenkt."

Als erfolgreiches Vorbild gilt die Albertina, die auf Facebook mehr Likes (57.000) als das Kunsthistorische Museum (KHM, 51.000) hat und damit hinter dem Spitzenreiter Museumsquartier (94.000) auf Rang zwei liegt. Betreut werden die Seiten von bis zu drei Personen. Besonders gut komme Atmosphärisches an, wie etwa Fotos der Prunkräume, sagt Ivana Novoselac, eine der Betreuerinnen. Immer mehr fließe das Netz aber auch in die Vermittlungsarbeit ein. So veranstaltete man zur Munch-Ausstellung auch eine Führung via Twitter. "Wir nützen das Social Web zum Appetitmachen und als Erweiterung des Museums", sagt Novoselac. Man könne so auch Werke zeigen, die an sich im Archiv schlummern.

Interessant ist, was man sonst nicht so leicht zu sehen bekommt: Die Staatsoper führt etwa per Video hinter die Kulissen.
Wiener Staatsoper

Hintergründiges zieht an

Zur Vermehrung der Fans setzt die Albertina auch auf gesponserte Postings, also entgeltliche Werbeeinschaltungen. Man investiere zwar wenig, sehe aber den Erfolg, meint Novoselac. In den meisten anderen Einrichtungen verzichtet man hingegen darauf. "Uns bringt das nicht viel", sagt Nina Auinger-Sutterlüty vom KHM. Erst vor drei Jahren habe man begonnen, die Auftritte zu professionalisieren, der Einstieg auf der Fotoplattform Instagram erfolgte Anfang des Jahres. Auf Youtube setzt man vermehrt auf englischsprachige Talks. Das sei vor allem für die internationale Positionierung wichtig, so die Pressesprecherin.

Auch beim KHM stellt man fest, dass vor allem Hintergründiges, "das, was die Menschen sonst nicht zu sehen bekommen", besonders beliebt ist. So zählte ein Aufbaufoto der Ausstellung Fäden der Macht, das Arbeiter beim Hängen eines Gemäldes zeigt, zu den meistgeteilten Postings. Große Erwartungen setzt man auch in eine demnächst erscheinende Kulturvermittlungsapp.

Kunsttalks möchte man – manchmal – noch ein zweites Mal hören. Ein Gespräch mit Carolee Schneemann stellte das Kunsthistorische Museum online.
Kunsthistorisches Museum Wien

Viel Wert auf die Einbindung neuer Medien wird im Museum Leopold gelegt. Man vertraut auf die Expertise eines "externen Profis", wie ein Sprecher erklärt. Social Media wird im Leopold gern mit Eventaktionen kombiniert. Besonders stolz ist man auf die Instagram-Fangemeinde (11.000 Abonnenten), was man im Sommer letzten Jahres mit einer eigenen Aussendung würdigte. Innerhalb nur eines Jahres sind die Abonnentenzahlen regelrecht explodiert. Gekauft habe man die nicht, heißt es. "Die Leute lieben einfach Klimt und Schiele."

Werben mit visuellen Reizen

Das Werben mit visuellen Reizen fällt Museen freilich leichter als Bühnen. "Es ist schwieriger, über eine Inszenierung zu reden als über ein Bild", so Social-Media-Experte Henner-Fehr. Für die Staatsoper seien 72.000 Facebook-Fans angesichts dessen eine gute Zahl. Die 2013 gestartete "digitale Offensive" des Hauses mit kostenpflichtigem Livestreamingangebot wird zwar immer wieder infrage gestellt, 500 Zuseher pro Übertragung zeigen aber, dass Interesse vorhanden ist.

Ein "Carmina Burana"-Flashmob brachte dem Ensemble der Wiener Volksoper fünf Millionen Youtube-Clicks.
unsereOEBB

Von digitalen Rundgängen und 1:1-Abbildungen der Häuser gehe man mittlerweile aber wieder ab, sagt Henner-Fehr. "Es gibt dann eben doch einen großen Unterschied zwischen realer Erfahrung und dem Anschauen eines Computerbildes." Erfolgreich verbinden konnte dies 2012 die Volksoper: Ein Carmina Burana-Flashmob des Ensembles am Wiener Westbahnhof verblüffte neben ahnungslosen Passanten auch die Netzgemeinde: Mit fünf Millionen Youtube-Klicks ist der Oper damals ein Coup gelungen. (Stefan Weiss, 7.3.2016)