Thaçi bei der Angelobung.

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Prishtina – Der Ende Februar zum neuen Präsidenten des Kosovo gewählte derzeitige Außenminister Hashim Thaçi muss sich noch vor seinem Amtsantritt Anfang April mit schweren Vorwürfen auseinandersetzen. Der ehemalige Spitzenfunktionär der Kosovo-Befreiungsarmee (UÇK) dürfte sich mit einer Kriegsverbrecheranklage auseinandersetzen, spekulieren Medien in Prishtina unter Berufung auf einen westlichen Diplomaten.

Genannt wird auch ein potenzieller Zeuge – der ehemalige erste Unmik-Chef Bernard Kouchner (1999 bis 2001). In der Vergangenheit hatte der französische Politiker bereits wiederholt Vorwürfe zurückgewiesen, dass er UÇK-Spitzenfunktionäre vor Bestrafung geschützt hatte.

Vor dem Sondertribunal für Kriegsverbrechen von Kosovo-Albanern während des Krieges (1998 bis 2000) sollen jüngsten Ankündigungen zufolge im September erste Anklagen erhoben werden. Chefankläger David Schwendiman ließ in der Vorwoche wissen, dass Thaçi keine Immunität genießen würde.

Verdacht auf Organhandel

Das Kosovo-Sondertribunal soll sich unter anderem mit dem mutmaßlichen Organhandel während des Krieges befassen, dessen die "Drenica-Gruppe", deren Anführer Thaçi war, verdächtigt wird. In einem dazu im Jahr 2010 angefertigten Bericht des damaligen Schweizer Europarats-Sonderermittlers Dick Marty wurde Thaçi allerdings nicht mit Organhandel in Verbindung gebracht, dafür aber einige seiner engsten Mitarbeiter.

Führende kosovarische Oppositionsparteien hatten die Bemühungen Thaçis um das Präsidentenamt als Versuch gedeutet, sich vor dem Sondertribunal zu schützen. Die Opposition hat die Wahl Thaçi auch vor dem Verfassungsgericht angefochten. Eine Entscheidung steht noch aus. (APA, 9.3.2016)