Bei der Lehrerausbildung müssen Pädagogische Hochschulen ab Herbst mit den Universitäten kooperieren.

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Wien – Bis zum Herbst muss die neue Lehrerausbildung in ganz Österreich stehen. Viele offene Baustellen gibt es nach wie vor beim Verbund Nord-Ost, bestehend aus Universität Wien, Kirchlicher Pädagogischer Hochschule Wien/Krems, den Pädagogischen Hochschulen Wien und Niederösterreich und der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Studierendenvertreter beklagen Praxismangel im Curriculum und warnen vor Lehrermangel in den Musikfächern.

"Das ist eine Schmalspurvariante", sagt Dominik Weinlich, Vorsitzender der Studierendenvertretung an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule, im Gespräch mit dem STANDARD. Er hat deshalb gegen das Curriculum gestimmt und das am Dienstag auch öffentlich gemacht. Weinlich kritisiert unter anderem, dass für Studierende der Pädagogischen Hochschulen (PHs) ein Drittel weniger Praxisstunden vorgesehen sind.

Die neue Lehrerausbildung wurde bereits 2013 beschlossen. Bisher wurden an Pädagogischen Hochschulen Lehrer für Pflichtschulen und an den Universitäten jene für höhere Schulen ausgebildet. Das Gesetz sieht vor, dass ab Herbst die Pädagogischen Hochschulen mit den Universitäten kooperieren müssen. Zudem wird für alle angehenden Lehrer ein Masterstudium verpflichtend.

Umsetzung schwierig

"Wenn der Plan umgesetzt wird, werden Lehramtsstudenten an den Universitäten so viele Praxisstunden wie noch nie haben", entgegnet Erwin Rauscher, Sprecher der PH-Rektoren und Leiter der PH Niederösterreich. Bei den Studierendenvertretern liege ein sachlicher Irrtum vor, sagt er zum STANDARD. Man bemühe sich, die Curricula so gut wie möglich vorzubereiten. Er verweist darauf, dass in der Region jährlich 3.000 Lehramtsstudenten neu anfangen. Sie alle an den Schulen für Praxisstunden unterzubringen sei bereits bei dem geplanten Umfang eine Herausforderung.

Es gebe auch keine Schlechterstellung für PH-Studierende, sagt Rauscher. "Bis jetzt waren sie lediglich für die Neue Mittelschule qualifiziert, nun können sie an jeder Schule unterrichten. Und das Studium dauert doppelt so lange wie vorher." Die neue Lehrerausbildung sieht ein verpflichtendes Masterstudium für alle angehenden Lehrer vor.

Auch Christa Schnabl, die zuständige Vizerektorin der Universität Wien, hält die Kritik der Studierendenvertreter für unangebracht. "Wir haben im Bereich der Schulpraxis eine Modifikation vorgenommen, sind hinaufgegangen. Wir haben mit den PHs vereinbart, dass wir 2017 gemeinsam ein Evaluierungsprozedere definieren", sagte sie im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch. Ursprünglich waren im Studienplan nur sechs ECTS-Punkte (Leistungspunkte) vorgesehen, nun soll es zehn geben. Zum Vergleich: Ein Semester umfasst 30 ECTS-Punkte.

Curriculum vorgesetzt bekommen

Doch auch die Studierendenvertreter an ihrer eigenen Uni sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Alexander Klement, Vorsitzender der Zentrumsvertretung Lehramt, sagt zum STANDARD: "Ja, wir haben dann mehr Praxisstunden, aber davor war es unterirdisch wenig." Klement kritisiert vor allem, dass die Universität Wien ihr bisher bestehendes Curriculum den PHs vorgesetzt hat und ihnen nur die Möglichkeit gab, dieses zu bearbeiten. "Man hätte gemeinsam ein Curriculum erarbeiten müssen."

Die Universitäten haben allerdings eine wesentlich bessere Verhandlungsposition: Nur für die PHs ist eine Kooperation verpflichtend, nicht für die Unis.

Zu wenige Kunstlehrer

Das führt auch dazu, dass im Verbund Nord-Ost zur neuen Lehrerbildung keine Kunstuniversität vertreten ist. Ohne diese Kooperation können Kunstlehrer künftig nur mehr an den zugangsbeschränkten Kunstunis ausgebildet werden. Die Kunstunis mit ihren relativ wenigen Plätzen wären dann die einzige Ausbildungsstätte für Kunstlehrer, was einen bereits bestehenden Lehrermangel an den Neuen Mittelschulen weiter verstärken könnte, fürchtet die Österreichische Hochschülerschaft.

Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst, will allerdings nur dann in den Verbund einsteigen, wenn es mehr Geld für die Ausbildung der Lehrer gibt. "Wir sind bereits jetzt voll ausgelastet", sagt Bast zum STANDARD. Zudem sieht er die Basis für eine Kooperation mit den PHs nicht gegeben, da diese bei der Ausbildung von Kunstlehrern nur eine "marginale Kompetenz" hätten. "Wir wollen unser hohes Niveau halten." Es gebe Vorwürfe des Bildungsministeriums und der PHs, dass seine Universität die neue Lehrerausbildung boykottiere. "Das trifft nicht zu", sagt Bast und verweist auf die Umsetzung der neuen Bachelorausbildung an seiner Hochschule. "Solange niemand erklärt, wie wir das finanzieren sollen, wird es keine Kooperation geben."

Pendeln zwischen Standorten

Zu wenig Praxis und kaum Plätze für Kunstlehrer sind aber nicht die einzige Kritik der Studierendenvertreter. Weil künftig vier Standorte denselben Studienplan anbieten, könnten die Studierenden zwischen den Hochschulen pendeln müssen. Eine Lösung für die zusätzlichen Fahrtkosten gibt es noch nicht. (Lisa Kogelnik, 9.3.2016)