Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht." – Dieser simple Spruch beschreibt die oftmals komplex anmutende Funktionslogik der internationalen Kapitalmärkte sehr treffend. Es geht um Vertrauen, Vertragstreue und Verlässlichkeit. Ordnungspolitik nennt man das in Rechtsstaaten.

Verbrannt bis auf die Schuhe

In Sachen Hypo-Alpe-Adria/ Heta begehen die Republik Österreich als Mittäterin und Kärnten den schweren Fehler, Versprechen zu brechen und sich als unzuverlässige Schuldner darzustellen. Es ist wie mit Paulinchen im Kinderbuch Struwwelpeter. Sie spielen mit dem Feuer. Von den Folgen solchen Verhaltens kann Ihnen jeder Grieche oder Argentinier erzählen. Und auch das Ende der Bucherzählung von Paulinchen ist bekannt: Sie verbrennt bis auf die Schuhe.

Gemäß Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1356) können Gläubiger sofort auf den Bürgen (Kärnten) zugreifen, wenn über den Schuldner (Heta) das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Bilanz der Heta zeigt Milliarden an negativem Eigenkapital. Die Heta ist längst insolvent. Via missbräuchliche Anlassgesetzgebung hat die Republik Österreich aber eine Insolvenz formell verhindert, um so den Zugriff der Gläubiger auf den Bürgen Kärnten zu vereiteln. Würde sich ein Privater so verhal-ten, würde er wegen vorsätzlicher Konkursverschleppung im Gefängnis landen.

Wer aber sind die Gläubiger? Wir alle sind die Gläubiger! Jeder Sparer einer privaten Pensionsvorsorge, Lebensversicherung oder eines Sparbuches. Finanzintermediäre wie Versicherungen, Pensionskassen, Fonds und Banken sind lediglich Treuhänder von uns, ihren Kunden, und stellen das Schmieröl für die Wirtschaft bereit, nämlich Kapital. Wenn die Republik mit Gläubigern "mündelsicherer Anlagen" (§ 217 ABGB) derart umgeht, so sollten sich die Bürger fragen, was dem Gesetzgeber in Zukunft zuzutrauen ist.

Was sich heute gegen ausländische Gläubiger richtet, um vom eigenen Versagen abzulenken, kann schon morgen gegen die Bürger im eigenen Land gerichtet sein. Ausländische Gläubiger werden langfristig ohne Schuldner Österreich leben können. Kann aber Österreich, dessen Bankensystem und dessen Wirtschaft umgekehrt das Gleiche behaupten und sich noch finanzieren, wenn die Märkte die Geldpipelines kappen? Der Einwand, dass auch in den USA viele Banken pleitegingen, geht dabei ins Leere. Die Heta ist längst pleite! Der Schlammassel viel größer: Österreich verschleppt per Gesetz die Insolvenz, um die Ausfallsbürgschaft Kärntens auszuhebeln.

Die dabei verbreitete Hoffnung, dass eine Insolvenz Kärntens nicht vor Ende des Abwicklungsverfahrens durch die FMA möglich sei, ist eine trügerische. Sollte der Verfassungsgerichtshof das Bankenabwicklungsgesetz (BaSAG) aufheben – wofür es genügend Indizien gibt -, ist das Insolvenzverfahren über die Heta zu eröffnen, ein Zugriff auf Kärnten, wie eingangs erläutert, sofort möglich (§ 1356 ABGB).

Anlassgesetzgebung

Nach Michael Spindeleggers Hypo-Gesetz und Hans Jörg Schellings BaSAG einen dritten Versuch von Anlassgesetzgebung zu wagen wäre finanzpolitischer Kamikaze. Eine Insolvenz Kärntens kann man machen. Man muss aber mit den Folgen leben können: Deutlich höhere Refinanzierungskosten für Österreichs Banken und sämtliche öffentliche Körperschaften, von den Bundesländern bis zu den Gemeinden, und eine daraus folgende Kreditklemme wären nur der Anfang einer Kettenreaktion. Denn nicht nur Kärnten, alle Bundesländer, Gemeinden, deren ausgelagerte Gesellschaften und Projekte mit Gewährträgerhaftung sind bei Banken und Gewerbebetrieben verschuldet. Sämtliche öffentliche Investitionen, vom Straßen- und Wohnungsbau über das Sozialsystem bis hin zu den Pensionen, hängen folglich allesamt von der Verlässlichkeit des Schuldners Österreich insgesamt ab.

Eine Pleite Kärntens würde diese Verlässlichkeit zerstören. Die Risikogewichtung für Kredite an öffentliche Körperschaften müsste deutlich erhöht werden, was enorme Mengen an frischem Kapital für das Bankensystem nötig macht. Eine Kreditklemme mit Zweit- und Drittrundeneffekten auch in anderen Bundesländern würde folgen, da Refinanzierung nicht mehr ausreichend zur Verfügung stünde.

Folgenreiche Pleite Kärntens

Das von Schelling kürzlich vorgelegte, "nachgebesserte" Angebot via Nullkuponanleihen musste scheitern. Gläubiger denken in Barwerten. Und die lagen bei Schellings Angebot zwischen 75 und 82 Prozent. Die Gläubiger aber wollen 100 Prozent zurück. Weil der Hypo-Anleiheprospekt "Drittverzugsklauseln" und "Verzugszinsklauseln" enthält (genehmigt durch die Bundesbehörde FMA), ist die Fälligkeit aller Anleihen längst eingetreten. Es kommen daher Verzugszinsen dazu. Alleine in den vergangenen zwölf Monaten 500 Millionen Euro! Jeder weitere Verzug kostet die Steuerzahler 1,5 Millionen Euro. Pro Tag.

Österreich verbrennt wie Paulinchen. Nur hier ist es Geld. Der Gesetzgeber ist also dringendst aufgefordert, im Interesse seiner Bürger zu ordnungspolitischen Prinzipien zurückzukehren. (Anton Karl, 9.3.2016)