Idomeni – An der griechisch-mazedonischen Grenze harren weiterhin Tausende Flüchtlinge aus, ihr Schicksal ist völlig ungewiss. Rund 800 Menschen haben das Aufnahmelager bei Idomeni inzwischen verlassen. Etwa 600 Migranten, unter ihnen viele Familien, hatten bereits am Donnerstag ihre Sachen gepackt, in der Nacht zum Freitag reisten rund 200 weitere ab, wie Reporter vor Ort berichteten. Dennoch waren am Freitagmorgen noch immer mehr als 12.500 Menschen in Idomeni.

Die Regierung in Athen plant vorerst nicht, das Elendslager gewaltsam zu räumen. Die Migranten werden in ihren Landessprachen informiert, dass die Westbalkanroute endgültig geschlossen ist. Ihnen wird geraten, in organisierte Aufnahmelager südlich der Grenze sowie im Raum Athen zu fahren.

Angesichts steigenden Drucks durch die Schließung der Balkanroute versucht Griechenland, Tausende Flüchtlinge unterzubringen. Athen baue trotz finanzieller Schwierigkeiten wöchentlich Aufnahmelager für 10.000 Menschen, sagte Regierungschef Alexis Tsipras am Freitag bei einem Treffen mit dem EU-Kommissar für humanitäre Hilfe, Christos Stylianides, in Athen.

Der griechische Bürgerschutzminister Nikos Tsokas zeigte sich im Fernsehsender Mega zuversichtlich, dass sich die Lage in Idomeni in ein bis zwei Wochen normalisieren werde. "Wir müssen die Menschen überreden, in andere Lager zu gehen. Gewalt wollen und werden wir nicht anwenden. Das wäre unmenschlich. Mit Tränengas geht das nicht."

Bulgarien könnte Zaun errichten

Nun rechnen die Behörden damit, dass sich die Route auf Bulgarien verlagern könnte. Tatsächlich hat die bulgarische Grenzpolizei am Donnerstag an der Grenze zur Türkei 43 illegale Einwanderer vorläufig festgenommen, die in einem Güterzug unterwegs nach Österreich waren. Wie das Staatsradio in Sofia meldete, trugen sie keine Personalausweise bei sich. 28 Personen gaben an, aus dem Irak zu sein. Die übrigen 15 Migranten seien syrische Staatsbürger.

Um zu verhindern, dass sich die Ausweichroute etabliert, hat Bulgarien seine militärische Präsenz an der Grenze zu Griechenland verstärkt. Das meldeten griechische Medien am Freitag unter Berufung auf Beobachtungen griechischer Sicherheitskräfte. Zudem stellt sich das Land darauf ein, einen Zaun an der Grenze zu errichten. "Wir haben die Bereitschaft, dies unverzüglich zu tun", sagte Verteidigungsminister Nikolaj Nentschew im Staatsfernsehen. Bulgarien verlängert zudem den Zaun an der Grenze zur Türkei.

Und auch Serbien hat beschlossen, Anfang nächster Woche Streitkräfte zum Grenzschutz einzusetzen, wie es in anderen Staaten der Region schon Praxis ist. Das berichteten Belgrader Medien am Freitag.

Zustrom im März verringert

Indessen gab das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR bekannt, dass seit Jahresbeginn 137.056 Flüchtlinge von der Türkei zu den griechischen Inseln übergesetzt haben. Zum Vergleich: In den ersten drei Monaten des Vorjahres waren nur 12.341 Menschen angekommen. Die Zahl der täglichen Überfahrten hat sich aber heuer trotz steigender Temperaturen deutlich verringert. Im Jänner lag der Tagesschnitt bei 2.174, im Februar bei 1.930, im März bisher bei 1.361 Personen.

38 Prozent der Asylsuchenden waren zuletzt Minderjährige und 22 Prozent Frauen, wie das UNO-Flüchtlingshochkommissariat am Freitag weiter mitteilte. Demnach stammen 48 Prozent der Menschen aus Syrien, 26 Prozent aus Afghanistan und 17 Prozent aus dem Irak.

in Deutschland hat sich die Zahl der ankommenden Flüchtlinge durch die Sperrung der Balkanroute drastisch reduziert. Am 27. Februar wurden an der deutsch-österreichischen Grenze noch mehr als 500 Einreisen gezählt, am Mittwoch waren es 89, wie ein Sprecher des deutschen Innenministeriums am Freitag in Berlin sagte. (APA, red, 11.3.2016)