Idomeni/Brüssel – Die Europäische Kommission will nach Angaben von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos die Geschwindigkeit der Umsiedelung von Flüchtlingen aus Griechenland in andere EU-Staaten signifikativ erhöhen. "Unser Ziel ist es, 6.000 Menschen pro Woche umzuverteilen", sagte Avramopoulos am Dienstag bei einem Besuch in dem Flüchtlingscamp Idomeni. "Und wir arbeiten hart daran, das zu erreichen."

Bisher tritt die geplante Umsiedelung von 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien auf der Stelle. Lediglich 937 Schutzsuchende wurden nach Angaben der Kommission bis einschließlich Montag umverteilt, insgesamt 6.975 Plätze haben die EU-Staaten demnach angeboten. Avramopoulos forderte die Länder am Dienstag erneut zu mehr Solidarität auf. "Ich rufe die Mitgliedsstaaten auf, uns mehr Plätze zu melden", sagte er.

Mikl-Leitner erhöht Druck

Vor dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs zum Flüchtlingsabkommen mit der Türkei am Donnerstag und Freitag, hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eine Reihe von Forderungen an die EU-Kommission gestellt. In einem Brief an Avramopoulos fordert sie etwa, die Türkei zeitgleich mit der Visa-Liberalisierung zum sicheren Herkunftsstaat zu erklären.

"Wie jeder anderer Drittstaat, muss auch die Türkei alle Voraussetzungen für eine allfällige Visa-Liberalisierung vollinhaltlich erfüllen", heißt es in dem mit 14. März datierten und der APA vorliegenden Schreiben. "Spätestens zeitgleich" mit dieser müsse die Türkei zudem zum "sicheren Herkunftsstaat" erklärt werden. Ähnliches hatte die Innenministerin bereits bei einem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen am 10. März in Brüssel gefordert.

Bei sicheren Herkunftsstaaten wird allgemein davon ausgegangen, dass deren Staatsbürger eher selten Asyl bekommen, weil die Länder eben als "sicher" gelten. Vor allem angesichts der Grund- und Menschenrechtslage ist dies in der Türkei umstritten. "Sollten verstärkt Gründe für Asylanträge von türkischen Staatsbürgern entstehen, muss die Vereinbarung mit der Türkei insgesamt gekündigt werden", fordert Mikl-Leitner.

Kein Resettlement für illegal Eingereiste

Die für Syrer vorgesehene "Eins-zu-Eins-Regelung", wonach für jeden illegal in die EU eingereisten und in die Türkei zurückgeschickten Syrer ein anerkannter syrischer Flüchtling via Resettlement (Umsiedelung) in der EU aufgenommen werden soll, dürfe zudem "zu keinem Präzedenzfall für andere Staatsangehörige, z.B. aus dem Irak oder Afghanistan werden", betont die Innenministerin.

Einmal illegal in die EU eingereisten Syrern soll der Weg nach Europa nach dem Wunsch Mikl-Leitners zudem für immer verschlossen bleiben. Deshalb müssten die Schutzsuchenden sowohl in der Türkei als auch in Griechenland vollständig registriert werden: "Nur so kann verhindert werden, dass Migranten, die den illegalen Weg über das Meer gewählt haben, für Resettlement infrage kommen", schreibt die Innenministerin.

Gipfel ab Freitag

Der EU-Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs soll am Freitag ab 10.00 Uhr mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu beraten. Der geplante Deal zwischen der EU und der Türkei ist höchst umstritten. Nach bisher getroffenen Absprachen soll sich Ankara verpflichten, alle Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen. Im Gegenzug soll die EU anerkannte syrische Kriegsflüchtlinge im Verhältnis eins zu eins aus der Türkei aufnehmen.

Die Türkei wiederum verlangt als Gegenleistung zusätzlich drei Milliarden Euro bis Ende 2018 zu den bereits beschlossen drei Milliarden Euro, welche die EU Ankara zur Versorgung von Flüchtlingen gibt. Außerdem will Ankara eine vorgezogene Visabefreiung ab 1. Juni für türkische Staatsbürger und Fortschritte bei den EU-Beitrittsverhandlungen.

Zypern droht mit Blockade

Zypern droht mit der Blockade eines wichtigen Teils des geplanten EU-Türkei-Abkommens zur Lösung der Flüchtlingskrise. Sein Land werde der Eröffnung neuer Kapitel in den EU-Beitrittsverhandlungen nicht zustimmen, wenn die Türkei nicht zugleich ihre Verpflichtungen erfülle, sagte Zyperns Präsident Nicos Anastasiades am Dienstag in Nikosia bei einer Pressekonferenz mit EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Die EU-Partner müssten verstehen, dass die Zustimmung zu den türkischen Forderungen durch die Regierung in Nikosia den Eindruck vermittle, als ob der Staat Zypern nicht existiere. Die Türkei erkennt das EU-Mitglied Zypern völkerrechtlich nicht an. Die EU fordert diese Anerkennung vor einem Beitritt der Türkei zur Union. (APA, red, 15.3.2016)