Seit 2010 wurden in Honduras angeblich 109 Aktivisten ermordet. Berta Cáceres (Plakat), bekanntestes Opfer, starb erst Anfang März.

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Tegucigalpa/Puebla – Menschenrechtler leben gefährlich in Honduras. Todesdrohungen haben fast alle erhalten. Vor allem diejenigen, die Widerstand gegen Großprojekte und Vertreibungen organisieren – wie Berta Cáceres, die Präsidentin des Rates Indigener Organisationen und Volksbewegungen (Copinh). "Die Armee hat eine Todesliste mit 18 Namen, und ich stehe ganz oben", hatte Cáceres 2013 im Interview gesagt.

Seit 2010 wurden in dem acht Millionen Einwohner zählenden Staat laut der NGO Global Witness 109 Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten ermordet – mehr als in jedem anderen Land.

Cáceres war die bekannteste. Sie hatte den Widerstand der Lenca-Indigenas gegen das im Westen des Landes geplante Wasserkraftwerk Agua Zarca angeführt. Doch in der Nacht des 3. März starb die dreifache Mutter durch die Kugeln zweier Auftragskiller – in den Armen eines mexikanischen Kollegen, der sich tot stellte und nun einem Ausreiseverbot unterliegt.

Weil Gustavo Castro der Einzige ist, der zumindest einen der Attentäter identifizieren kann, schwebt er in Lebensgefahr. Die mexikanische Botschaft gewährte ihm Unterschlupf – gegen eine richterlichen Anordnung, wonach er in einem Hotel bleiben soll. Seine Anwältin wurde von der Justiz suspendiert, nachdem sie Akteneinsicht gefordert und Ausreiseverbot kritisiert hatte.

Castro hat nicht den Eindruck, dass dem honduranischen Staat viel daran gelegen ist, die wahren Attentäter ausfindig zu machen. Auch Amnesty International kritisierte die Ermittlungen scharf. Es ist der übliche Modus Operandi. Statt Bürgerrechtler zu schützen, werden sie unter Druck gesetzt. Auf Kritik reagieren die Verantwortlichen empfindlich. Honduras verbitte sich Einmischung, erklärte David Chávez, Abgeordneter der regierenden konservativen Nationalisten, auf die Forderung von EU-Parlamentariern, eine Ermittlerkommission einzusetzen.

Ob sich die Regierung von Präsident Juan Orlando Hernández weiterhin Derartiges leisten kann, ist jedoch fraglich. Zum einen will sich Hernandez gerne 2017 wiederwählen lassen – obwohl die Verfassung das verbietet. Zum anderen ist Honduras von Gewaltkriminalität erschüttert und abhängig vom ausländischen Finanztropf. Der Mord ist auch deshalb heikel, weil das skrupellose Vorgehen zunehmend ausländische Investoren in die Bredouille bringt. Als Hernández 2014 an die Macht kam, erteilte er umgehend über 40 Konzessionen für Megaprojekte. Der umstrittene Staudamm sollte ursprünglich mit chinesischem Kapital gebaut werden.

Elite und Todesschwadronen

Schon 2013 hatten sich jedoch die Chinesen wegen der Proteste zurückgezogen, ebenso die Weltbank. Fortan trieb die lokale Firma DESA das Projekt mit Finanzierung der niederländischen Entwicklungsbank FMO voran.

Die Verstrickung der Elite mit Todesschwadronen und organisiertem Verbrechen wurden zuletzt immer offensichtlicher. Der reichste Mann des Landes, Miguel Faucussé, ficht seit Jahren einen erbitterten Landstreit mit Kleinbauern des Bajo Aguan aus. Dabei wurden 80 Bauern ermordet. Mit dem Argument, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, hat Hernández ein Antiterrorgesetz in Kraft gesetzt, das vor allem genützt wird, um Protest zu stoppen.

Auch am Mittwoch gab es eine neue Todesmeldung. Umweltschützer Nelson Garcia wurde von Unbekannten erschossen. Er gehörte Cáceres' Organisation Copinh an. Stunden zuvor hatte er gegen die gewalttätige Vertreibung von 150 Bauern protestiert. (Sandra Weiss, 17.3.2016)