Wichtig ist, miteinander zu reden, zu lachen und auch zu weinen.

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Viele Mütter in meiner Umgebung haben ganze und halbe Kinder, die zum Beispiel mitgeheiratet und von Vätern mitgebracht werden. Formal betrachtet haben wir zu halben Kindern überhaupt keine richtige Beziehung. Kein Sorge-, Besuchs-, Verpflichtungs-, Alimentations- oder Sonstwas-Recht. Jetzt ist aber Recht noch nicht gleich Realität. Weil in der Realität haben wir diese halben Kinder sehr lieb. Wir haben Sorge, wenn sie abends alleine unterwegs sind, wir machen uns Gedanken, wen sie einmal gern haben könnten, wir sind stolz auf ihre Erfolge und teilen ihre Schmerzen und Sorgen. Auch wenn halbe Kinder nicht ständig da sind, sind wir doch immer froh, wenn sie es sind. Zum Reden, als große Geschwister, als ganz besondere Bereicherung.

Aber eigentlich fehlt da doch sehr viel. Es fehlt nämlich, dass wir sie geschaukelt haben, als sie Bauchweh hatten, dass wir ihre Hand gehalten haben beim ersten Gips im Spital, dass wir da waren, als diese Kinder ihre ersten Schritte ins Leben gemacht haben. Das fehlt alles. Nicht, weil wir das nicht gekonnt oder gar gewollt hätten – aber dafür haben unsere halben Kinder eine ganze ganz persönliche eigene Mama. Die nicht ersetzbar ist.

Ganze Kinder fordern genau das von uns ein, da gibt’s Ambulanzbesuch, Scharlach-Wahnsinn, Insektenstich, Zahnspange und Putzmittel-Unfall. Da gibt’s aber auch keine Bonusperson, die da wäre, wenn es mal nur ums Lustig-Sein geht, die Karten bastelt oder sich nach der Party anhört, was genau wie wann wo und vor allem mit wem passiert ist. Richtige Mamas haben für solche Sachen manchmal nicht mehr die Kraft oder die Zeit. Glücklicherweise gibt es dafür aber auch Großeltern, Paten oder einen Freundeskreis.

Ob man für ein Kind also Mama oder Papa ist, hängt wahrscheinlich zu einem guten Teil davon ab, ob man genau das mitgemacht hat. Ob man dabei war. Und dabei geblieben ist und zugehört hat und getröstet. Immer da war. Ich bin hinzugekommen, aber als was eigentlich? Mir gefällt weder Bonuselternteil noch Stiefmutter, ich will auch keine Freundin sein und schon gar nicht eine große Schwester (was auch altersmäßig unpassend wäre).

Ich glaube, es muss nicht einmal sein, dass wir definieren bzw. sprachlich eingrenzen, was wir füreinander sind. Wichtig ist, miteinander zu reden, zu lachen und auch zu weinen. Und vielleicht gab und gibt es Momente, da wird eines meiner halben Kinder später mal zurückblicken und an mich denken, weil ich es war, die genau in dieser Sekunde seine Hand gehalten hat. (Sanna Weisz, 20.3.2016)