Manchen Ökonomen ist zu wenig Geld im Umlauf. Ihre Idee: Scheine an alle verteilen. Wieso nicht gleich per Hubschrauber?

Foto: apa / arnold

Wien – Um die (Wirtschafts-)Welt vor dem Untergang zu retten, greifen Politik und Zentralbanken immer wieder in die Trickkiste. Bei Gipfeln schmieden zig Fachleute Ideen, schnüren Rettungspakete, Zentralbanken werken an den verschiedensten Zinsen herum und kaufen hunderte Milliarden an Finanzpapieren, um Märkte in die gewünschte Richtung zu lenken.

Jetzt sickert aber langsam eine radikale Idee in den Mainstream ein, die überspitzt so lautet: Werfen wir doch einfach stapelweise Geld aus Helikoptern. Schluss mit Konjunkturpaketen und komplizierter Geldpolitik: Geben wir das Geld den Leuten doch einfach so. Die werden es dann schon ausgeben, Unternehmen steigern ihre Umsätze, stellen mehr Leute ein, die geben wieder mehr aus. Das treibt die Konjunktur und damit auch die Inflation an.

Inflation lange niedrig

Die Europäische Zentralbank ist grob gesagt eigentlich nur dazu da, die Inflation bei knapp unter zwei Prozent zu halten. Das ist ihr aber seit Jahren nicht mehr gelungen. Deshalb mehren sich jetzt die Stimmen, die einen radikalen Politikumschwung fordern. Adair Turner, der die britische Finanzaufsicht während der Krise leitete und sogar als Chef der englischen Notenbank im Gespräch war, hat sich dafür ausgesprochen. Zuletzt auch Christian Odendahl, der Chefökonom des Centre for European Reform in London.

Richtig heiß diskutiert wird Helicopter Money aber erst, seit es EZB-Präsident Mario Draghi als "sehr interessantes Konzept" bezeichnet hat. Ein Journalist fragte ihn bei der letzten Pressekonferenz der Notenbank, ob Helicopter Money denn theoretisch möglich wäre. Draghi bekundete eben sein Interesse, meinte aber, man habe sich noch nicht wirklich damit beschäftigt. Das Konzept sei rechtlich jedenfalls sehr komplex. Könnten also wirklich bald die Hubschrauber ausfliegen?

EZB darf kein Geld verschenken

Kurz: Ganz so einfach ist das nicht. Die Idee mit dem Hubschrauber ist schon fünfzig Jahre alt und stammt vom mittlerweile verstorbenen Ökonomie-Nobelpreisträger Milton Friedman. Er nutzte den Helikopter nur als Bild, um zu veranschaulichen, wie eine Notenbank Geld in den Wirtschaftskreislauf pumpen könnte. Seither schwirrt es aber auf die eine oder andere Weise herum. Nie geht es aber darum, wirklich Banknoten von einem Hubschrauber zu werfen: Sollte man irgendwann einmal zu dieser radikalen Maßnahme greifen, würde das Geld wahrscheinlich einfach über Banken an die Leute geschleust.

Aber wäre das überhaupt legal? Der EZB ist es grundsätzlich verboten, Staaten zu finanzieren. Da sind die Bürger dieser Staaten wohl inbegriffen. Denn die Notenbank verschenkt ja auch mit ihren jetzigen Maßnahmen kein Geld, sie kauft Finanzinstituten lediglich Wertpapiere ab. So versucht die EZB die Kreditvergabe anzukurbeln, damit die Leute mehr ausgeben und investieren.

Effektive Grauzone

Effektiver wäre es sicher, den Leuten das Geld einfach in die Hand zu drücken, sagt der Chef der Denkfabrik Bruegel, Guntram Wolff, zum STANDARD. Rechtlich sei das aber sehr schwierig. Befürworter der Idee sagen, es sei schwierig, aber möglich. Immerhin ist EU-Recht auch in der Krise sehr weit gedehnt worden. So könnte die EZB etwa Kredite mit unendlicher Laufzeit an Banken vergeben und diese dazu zwingen, die Kredite mit ebenfalls unendlicher Laufzeit an Menschen weiterzugeben.

Sollte man das wirklich machen, sagt Wolff, dann brauche es jedenfalls die Zustimmung aller nationalen Parlamente. Die Politik müsse geschlossen dahinter stehen. Viel schwieriger: Ein Euro ist nur deshalb etwas wert, weil die Menschen der Währung vertrauen. Es ließe sich ja auch einfach mit Gold oder Silber handeln. Wird plötzlich Geld verschenkt, könnte das Vertrauen ins System zusammenbrechen, so Wolff. (Andreas Sator, 18.3.2016)