Auch die Innenministerin besuchte vergangenen September Flüchtlinge in Nickelsdorf.

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Sie wollen Flüchtlingen helfen und spenden deshalb an Nichtregierungsorganisationen? Tja, dann kann man Ihnen nicht helfen, wenn Sie freiwillig zweimal zahlen. Reguläre Steuern sowie Geld, das sie gleich an das Finanz- oder Innenministerium schicken können. Das ist nämlich die Quintessenz der Forderung des Innenressorts an die NGOs, die melden sollen, welche für Flüchtlinge zweckgewidmeten Zuwendungen sie seit Sommer erhalten haben. Die Summe soll von den Förderungen des Bundes wieder abgezogen werden.

Sicher, aus Sicht der beiden von der ÖVP kontrollierten Ministerien hat es Sinn, den Slogan des schwarzen Übervaters Wolfgang Schüssel "Mehr privat – weniger Staat" umzusetzen. Denn wenn die Bevölkerung zahlen will – sehr schön, man kann im internen Budget einsparen.

Perfidie

Doch der Wunsch ist an Perfidie kaum zu überbieten. Man darf nicht vergessen: Für die Betreuung von Flüchtlingen ist in diesem Land das Innenministerium zuständig. Das war nur leider im Sommer 2015, als immer mehr Flüchtlinge kamen, völlig überfordert. Am Grenzübergang Nickelsdorf waren es die Hilfsorganisationen, die Essen und Kleidung verteilten. Selbst die Stadt Wien organisierte mehr als das in Schockstarre verfallene Ressort von Ministerin Johanna Mikl-Leitner.

Dafür, dass die Vereine – und auch viele Privatpersonen – dem überforderten Bundesstaat geholfen haben, seine Aufgaben zu erfüllen, werden sie und die Gönner jetzt bestraft – indem die Spenden eingesackelt werden. Was rechtlich gedeckt ist: In den Förderrichtlinien des Bundes steht das nämlich. Man kann die Frage stellen, warum die Nichtregierungsorganisationen offenbar zu dumm waren, das Kleingedruckte in Verträgen zu sehen und/oder zu verstehen.

Für andere Dinge ausgeben

Aber nun wissen sie es, und eine logische Reaktion wäre, künftig Hilfsersuchen staatlicher Stellen höflich, aber bestimmt abzulehnen. Erstens erwarten manche Regierungsmitglieder ohnehin hässliche Bilder. Ob die an der griechischen Grenze entstehen oder im Burgenland, spielt dann ja keine Rolle. Dass der Staat dafür zuständig wäre, solche Szenen zu verhindern, kümmert einen Politiker nicht.

Zweitens können die Hilfsorganisationen Spenden ja auch für andere Dinge ausgeben, bei denen sich der Staat außer Obligo sieht. Die Dinge, für die er zuständig ist, soll er sich gefälligst selbst bezahlen. Drittens könnten sie für künftige Verhandlungen lernen. Stellen wir uns nämlich einmal vor, was passieren würde, wenn das Innenministerium auch bei Unternehmen wie jenem, das für die Betreuung des Flüchtlingslagers Traiskirchen zuständig ist, so agieren würde.

Rechtsanwälte als Gewinner

Wenn verlangt wird, dass Gewinne von den Förderungen abgezogen werden: Gewinner würde es dann geben – die Rechtsanwälte, die den Streit juristisch ausfechten. Ein anderes Beispiel: Der Staat fördert die Erhaltung von Kirchen jährlich mit mehreren Millionen Euro. Obwohl es ihm eigentlich völlig gleich sein könnte, ob der Stephansdom zusammenkracht oder nicht – die Spenden des zuständigen Vereins von den Förderungen abzuziehen würde schließlich auch das Budget entlasten.

Wenn in einer Krisensituation künftig die Bevölkerung also weiß, dass ihre Spenden in Wahrheit den Staat alimentieren, wird sie den Griff in die Geldbörse möglicherweise gleich bleiben lassen. Bedeutet halt dann "Mehr Staat – weniger privat". (Michael Möseneder, 21.3.2016)