Die Caritas hofft auf eine Lösung mit dem Innenministerium.

Foto: der Plankenauer

Die Regierung will die Spenden, die Hilfsorganisationen für die Flüchtlingsunterstützung bekommen haben, von deren Förderung abziehen. Das geht aus einem Brief des Innenministeriums an die NGOs hervor, über den DER STANDARD und das Ö1-"Morgenjournal" am Montagmorgen berichteten. In ersten Reaktionen kritisierten Grüne, Neos und Sozialistische Jugend dieses Vorhaben scharf. Zustimmung kam hingegen von der FPÖ.

"Jetzt zeigt die Bundesregierung ihr wahres Gesicht. Christlich oder sozial findet sich vielleicht noch in den jeweiligen Parteinamen wieder, nicht aber im Handeln von Bundeskanzler Faymann oder Vizekanzler Mitterlehner", kommentiert etwa die Grüne Bundesprecherin Eva Glawischnig via Aussendung. "Jene Hilfsorganisationen zu bestrafen, die von privaten Spendern und Spenderinnen die so dringend notwendige Unterstützung für die Flüchtlingshilfe erhalten haben, ist an Bösartigkeit nicht zu überbieten. Das ist ein Anschlag auf die Hilfsbereitschaft der noch vor wenigen Monaten so viel gelobten Zivilgesellschaft."

Neos: "Zechprellerei"

Auch die Neos zeigen sich empört. "Die österreichische Bevölkerung hat erkannt, dass die NGOs mit dieser Krise besser umgehen konnten als die österreichischen Behörden und haben sie dementsprechend unterstützt. Dies hat auch dazu beigetragen, dass mehr Geld als von den Behörden vorgesehen zur Verfügung stand und so die nötige Quantität und Qualität der Betreuung sichergestellt werden konnten. Dass Monate später das Innenministerium auf Anweisung des Finanzministeriums eine Spendenverstaatlichung bei den Hilfsorganisationen plant, ist Zechprellerei", sagt Neos-Menschenrechtssprecher Niki Scherak und fordert, dass Innen- und Finanzministerium ihre Ankündigung zurücknehmen.

"Die Regierung hat in der Flüchtlingshilfe versagt – die NGOs sind eingesprungen. Diesen jetzt die dringend benötigten Mittel zu reduzieren, ist eine bodenlose Frechheit", teilt Julia Herr, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, via Aussendung mit. "Während für Zäune – die Manifestation der Unmenschlichkeit – Geld da ist, wird bei Betten und Essen für Flüchtlinge jeder Cent gespart."

FPÖ für Anrechnung

Die FPÖ begrüßt die vom Innenministerium geplante Anrechnung der Flüchtlingsspenden auf die Förderungen. "Spenden, die Hilfsorganisationen für die Flüchtlingsunterstützung bekommen haben, von deren Förderung abzuziehen, ist im Sinne des Steuerzahlers. Das ist von der Idee her richtig, aber leider nur Symptombekämpfung", meinte FPÖ-Sicherheitssprecher Gernot Darmann in einer Aussendung.

"Die Asylindustrie verdient sich mit den Asylwerbern und auf Kosten der Steuerzahler eine goldene Nase – diesem Geschäftsmodell ist daher generell ein Riegel vorzuschieben: Asyl muss wieder staatliche Aufgabe sein statt Wirtschaftszweig für NGOs und Private", forderte Darmann eine völlige Systemumstellung. Die Abwicklung des Asylwesens müsse wieder vollständig vom Innenministerium selbst als hoheitliche Aufgabe wahrgenommen werden. "Die Mittel aus dem Budget für Asyl und Migration dürfen nicht für die Mitwirkung von Privaten, Vereinen und NGOs am Asylverfahren und in der Grundversorgung aufgewendet werden", forderte Darmann.

Verständnis vom Team Stronach

Ebenso wie die FPÖ hat auch das Team Stronach das Innenministerium in dem Bestreben unterstützt, die Spenden für die Flüchtlingshilfe von den Förderungen für die Hilfsorganisationen abzuziehen.

Team Stronach-Generalsekretär Christoph Hagen äußere "vollstes Verständnis" für die Vorgangsweise der Regierung. "Es ist auf jeden Fall notwendig, darauf zu schauen, wofür die NGOs die öffentlichen Gelder einsetzen." Hagen kritisiert einen "Wildwuchs an Hilfsorganisationen" vor allem im Asylbereich und fordert, "die Hilfsleistungen sollen ausreichend, aber auf das Notwendige reduziert sein".

AK-Präsident Rudolf Kaske hält das Ansinnen des Innenministeriums hingegen für "nicht tragbar". Er fordert auch, dass "endlich jene öffentlichen Mittel fließen, die den Hilfsorganisationen auch zugesagt wurden."

Auch der Arbeiter-Samariter-Bund hält den Brief für "indiskutabel". Bundesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller hofft aber noch auf eine gute Lösung im Sinne der Vernunft.

Unterstützung von der Gewerkschaft

Die Gewerkschaft Vida unterstützt hingegen die Hilfsorganisationen in ihrem Protest und fordert das Innenministerium auf, von seinen Plänen Abstand zu nehmen. Vorsitzender Gottfried Winkler bezeichnete die Vorgangsweise als "unerträglich".

Auch die Caritas hat den Brief bekommen, in dem den Hilfsorganisationen angekündigt wurde, dass ihre Spenden für die Flüchtlingsunterstützung von deren Förderung abgezogen werden sollen. Klaus Schwertner, Geschäftsführer Wiener Caritas, zeigte sich darüber "alles andere als erfreut".

Flüchtlingshilfe kein Akt der Mildtätigkeit

Für Schwertner ist klar, "dass die Flüchtlingshilfe kein Akt der Mildtätigkeit, sondern zu allererst Aufgabe und Verpflichtung des Staates ist. Ein Griff der Bundesregierung in die Taschen der Spenderinnen und Spender ist aus unserer Sicht daher nicht zulässig. Hier gibt es eine klare staatliche Verantwortung. Und diese Verantwortung muss auch wahrgenommen werden", fordert der Caritas-Geschäftsführer. Er betont aber gleichzeitig, dass die Caritas mit dem Innenministerium in der Sache im Gespräch und zuversichtlich sei, dass es eine Lösung geben wird.

Die Diakonie hat den Brief des Innenministeriums nicht bekommen. Eine Sprecherin des evangelischen Hilfswerks begründete dies damit, dass die Diakonie im Gegensatz zu anderen NGOs keine Notquartiere für Flüchtlinge betreue, sondern nur in der Grundversorgung tätig sei. (APA, red, 21.3.2016)