Schleckeis statt Globuli – dafür wirbt Susannchen.

Foto: Andrea Walter

Die Kampagne warnt: Wenn Globuli statt wirklich hilfreicher Therapie verordnet werden, wird es gefährlich.

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Homöopathie polarisiert. Fast jede und jeder hat dazu eine Meinung – und die schließt das Verständnis für die jeweils andere Seite eher aus. Facebook ist das ideale Medium, um diese Polarisierung anzuheizen. Das weiß auch die Kampagne Susannchen braucht keine Globuli, initiiert von einer Gruppe kritischer Ärztinnen und Eltern aus dem Umfeld der deutschen Skeptiker-Bewegung. Sie warnt mit einem gezeichneten Testimonial, einem Mädchen namens Susannchen, vor Homöopathie, Esoterik und dem Gang zum Heilpraktiker anstatt zum Mediziner. "Wenn Mama mir Kugeln gibt – dann Schoko, Vanille und Erdbeere", lautet einer der Claims der Kampagne.

"Wir wollen mit der Initiative vor allem junge Eltern und deren Kinder erreichen in dem Sinne, dass gesundes und natürliches Aufwachsen nicht Scharlatanerie und Zuckerkugeln bedeutet", sagt Nathalie Grams. Die Ärztin und Autorin ist Mitinitiatorin der Infokampagne. Grams hat Medizin studiert, als Ärztin gearbeitet, war jahrelang selbst überzeugte Homöopathin und hat eine Praxis in diesem Bereich betrieben. Bis sie der Homöopathie den Rücken kehrte. Über die Gründe berichtet sie in ihrem im Vorjahr erschienenen Buch "Homöopathie neu gedacht – Was Patienten wirklich hilft", das bei Springer Spektrum erschienen ist. Ihren Ausstieg aus der Homöopathie verglich Grams in einem Interview mit der "Welt" mit einem Ausstieg "aus einer Sekte".

Höhere Bildung schützt nicht

Grams gesteht der Homöopathie durchaus eine Wirkung zu – diese sei aber nicht auf die zuckrigen Kügelchen selbst zurückzuführen: "Man könnte sagen, wo die Homöopathie wirkt, da hätte es die Homöopathie nicht gebraucht." Grams und ihre Kollegen wollen mit ihrer Susannchen-Kampagne durchaus gebildete Schichten erreichen, die nicht selten mit der Abfertigungsmentalität in manch Ordination hadern und folglich ihr Heil in der Homöopathie suchen.

Grams: "Leider schützt Intelligenz oder höhere Bildung gar nicht vor Fehldenken. Im Gegenteil, hier ist meist auch die Kaufkraft vorhanden, sich eine solche zusätzliche Behandlung leisten zu können. Hier herrscht viel Unwissen und Fehlinformation, was natürlich von Homöopathiefirmen kräftig gefördert wird."

Kinder und Selbstheilung

Homöopathie sei dann gefährlich, wenn sie unterlassene Hilfeleistung ist, also wenn Kindern Globuli statt wirklich hilfreicher Therapie gegeben werden, sagt Grams. "Auch sehen wir die Gefahr, dass Kinder von früh auf daran gewöhnt werden, dass es für jedes Wehwehchen ein 'Medikament' bräuchte. Besser wäre es doch, Kinder über das Wunder der Selbstheilungskraft des Körpers aufzuklären – wenn es denn schon ein Wunder braucht."

Grams zählt zur wachsenden Gruppe der Homöopathiekritikerinnen und -kritiker, die sich zusehends online vernetzen. In diesem Umfeld ist auch das neue Netzwerk Homöopathie anzusiedeln, das ab 5. April 2016 online zu finden sein wird. Auch daran ist Grams beteiligt: "Wir sehen die Homöopathie als Einstieg zum Ausstieg aus der Medizin – und das birgt Gefahren wie Impfmüdigkeit, Nebenwirkungsphobien und dergleichen mehr." (lima, 29.3.2016)