Mit Brainteasern wollen Interviewer Fähigkeiten testen, die nicht im Lebenslauf stehen – analytisches Denken und Kreativität etwa. Allgemeinwissen hilft.

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Die beste Reaktion: Laut denken und die Aufgabe aufteilen, statt zu schweigen oder zu fragen, was das mit dem Job zu tun hat.

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Die gute Nachricht zuerst: Es ist nicht schlimm, wenn man nicht genau beantworten kann, wie schwer Manhattan ist oder wie viele Postkästen es in Deutschland gibt. Brainteaser werden in Bewerbungsverfahren immer beliebter, vor allem angehende Consultants müssen sich oft mit rätselhaften Fragen auseinandersetzen. Das Jobportal "Glassdoor" erstellt jedes Jahr ein Ranking mit den skurrilsten Bewerbungsfragen – darunter viele solche Brainteaser.

Von manchen werden diese Fragen auch als "Fermi-Fragen" bezeichnet – benannt nach dem Kernphysiker Enrico Fermi, der trotz mangelnder Informationen oft spontan gute Einschätzungen liefern konnte.

What the ...

Viele, die von solchen Fragen lesen, fragen sich: Was soll das überhaupt? Antwort: Das Gegenüber testet dadurch vor allem die Problemlösungsfähigkeit, Kreativität und Auffassungsgabe, die Denkmuster und das analytische Denken der Bewerber – Dinge, die nicht im Lebenslauf stehen. Bei der Beantwortung sollte man sich also der Intention der Personalverantwortlichen bewusst sein: Es geht nicht darum, die richtige Antwort zu finden – denn oft gibt es diese gar nicht.

Dass gerade in Unternehmensberatungen beispielsweise nachgefragt wird, wie viele Smarties in einen Smart passen oder wer den Kampf Batman gegen Superman gewinnen würde, ist gar nicht so abwegig. Schließlich geht es in den für die Branche üblichen Fallstudien auch darum, analytisch vorzugehen. Auch bei Google seien solche Fragen im Bewerbungsprozess normal, wurde jahrelang im Netz gemutmaßt – das seien allerdings nur "Urban Legends", hieß es von Unternehmensseite. Natürlich sind längst nicht alle Personaler von Brainteasern und Fermi-Fragen überzeugt – manche halten es auch für unnötige Spielerei. In heimischen Unternehmen gehören Brainteaser noch nicht zu den Standardfragen, kommen aber genauso vor – wie die Berichte der derStandard.at-User zeigen.

Was zu tun ist

Reagieren sollte man auf solche Fragen jedenfalls gelassen, meinen Psychologen. Am besten sei es, sich zunächst Zeit für Fragestellung und die Analyse zu nehmen, eventuell auch Rückfragen zu stellen. Die eigentliche Aufgabe kann meist in kleinere Teilaufgaben zerlegt werden, die man durchgeht. Ist die Situation erfasst, lässt man das Gegenüber am besten am Denkprozess teilnehmen und spricht mögliche Lösungswege laut vor sich hin.

Auf keinen Fall sollte man mit einer Gegenfrage à la "Was hat das mit meinem Job zu tun?" antworten oder in panisches Schweigen verfallen. Obwohl viele der Brainteaser schon online kursieren und beantwortet wurden, ist es nicht ratsam, eine fertige Lösung herunterzurattern. Vorausgesetzt natürlich, man will beim Gegenüber punkten.

Lösungswege

Zurück zu der Frage, wie schwer Manhattan ist. Die könnte folgendermaßen gelöst werden, wie etwa im Buch "Brainteaser im Bewerbungsgespräch. 140 Übungsaufgaben für den Einstellungstest":

- Zuerst überlegen, welche Faktoren berücksichtigt werden müssen: Man denkt an Menschen, Gebäude, Verkehrsmittel. Am wichtigsten ist hier jedoch das Gewicht des Untergrunds.

- Benötigt wird auch die Grundfläche: Vorteil hat hier natürlich, wer schon einmal dort war und sich erinnert, dass Manhattan etwa aus 200 Streets besteht. Wenn man dann annimmt, dass sich zwischen jeder Street ein Häuserblock von ungefähr 75 Metern Länge befindet, kommt man auf eine Gesamtlänge von 15 Kilometern. Von Ost nach West sind es zwölf Avenues, zwischen denen sich wieder Häuser befinden, zum Beispiel mit 330 Metern Länge. Damit wäre Manhattan vier Kilometer breit – ergibt eine Grundfläche von 60 Quadratkilometern.

- Nächster Punkt ist die Tiefe: Auch hier nimmt man wieder einen bestimmten Wert an – ob er stimmt, ist nicht wichtig. Wenn man beispielsweise mit einem Kilometer rechnet, beläuft sich das Volumen bei dieser Schätzung auf 60 Kubikkilometer.

- Um das Gesamtgewicht zu ermitteln, multipliziert man das Gewicht von einem Kubikmeter Granit – woraus Manhattan großteils besteht – mit dem errechneten Volumen. Dann käme selbstverständlich noch das Gewicht der Menschen, der Gebäude und Verkehrsmittel dazu.

Der Weg ist das Ziel

Man sieht: Eine genaue Angabe in Tonnen ist sehr schwer und mit vielen Unsicherheitsfaktoren verbunden – denn was ein Kubikmeter Granit wiegt, gehört nicht unbedingt zum Allgemeinwissen. Aber das Gegenüber wird sehen, wie man sich Schritt für Schritt einer Lösung angenähert hat. (lhag, 4.4.2016)