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Die ÖH hält die neue – verlängerte – Ausbildungsdauer für Lehrerinnen und Lehrer in der Sekundarstufe für einen "Irrsinn".

Foto: dpa / Heiko Wolfraum

Wien – Geht es nach der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), wurde bei der neuen Lehrerausbildung ein grundlegender Fehler gemacht: "Das Bildungssystem wurde nicht als Ganzes mitgedacht." Als Folge könnte ein Lehrermangel an den Neuen Mittelschulen (NMS) drohen, warnt Generalsekretärin Magdalena Goldinger (Fraktion Engagierter Studierender, Fest) im Gespräch mit der APA.

Bisher gab es für die Sekundarstufe eine dreijährige Ausbildung für die Pflichtschullehrer (v.a. Hauptschule, NMS) und eine viereinhalbjährige bzw. in technischen Fächern fünfjährige Fachausbildung plus ein Jahr Unterrichtspraktikum für Lehrer an mittleren und höheren Schulen (AHS, berufsbildende mittlere und höhere Schulen, BMHS). Die neue Lehrerausbildung sieht stattdessen vor, dass alle Lehrer für die Altersgruppe der Zehn- bis 19-Jährigen gemeinsam ausgebildet werden und danach auch an allen betreffenden Schultypen unterrichten können.

Probleme im Ballungsraum

Die Folge, befürchtet Goldinger: Es werde immer schwieriger werden, Lehrer für NMS in Ballungsräumen zu finden. Diese könnten vermehrt auf Gymnasien mit ihrer zumindest in Ballungsräumen tendenziell einfacheren Klientel ausweichen. Derzeit gebe es diese Möglichkeit wegen der separaten Ausbildung nur begrenzt. Wer sich für die derzeit deutlich kürzere Ausbildung zum NMS-Lehrer entschieden hat, landet dann in der Regel auch an einer NMS.

Mit der neuen Lehrerausbildung kommt eine teils drastische Verlängerung der Ausbildungsdauer auf künftige Pädagogen der Sekundarstufe zu: Sie müssen laut Gesetz künftig einen vierjährigen Bachelor und – als Voraussetzung für einen unbefristeten Dienstvertrag – einen mindestens eineinhalbjährigen Master absolvieren, dazwischen ist noch eine einjährige Einführung in die Berufspraxis durch speziell ausgebildete Mentoren (Induktionsphase) vorgesehen.

In der Praxis dürfte beim Master die im Gesetz vorgesehene Dauer ausgereizt werden. Die Verbünde aus Unis und PH arbeiten alle an zweijährigen Studienplänen, wie das Bildungsministerium der APA bestätigt. Das macht künftig insgesamt sechs Jahre Fachausbildung plus ein Jahr Berufseinführung für angehende Sekundarstufenlehrer, das allerdings nicht mehr als Teil der Ausbildung gilt.

Ausbildungsdauer ein "Irrsinn"

Für Goldinger, die selbst das Lehramt für NMS studiert, ist die künftige Ausbildungsdauer ein "Irrsinn": "Man schickt die Leute in eine sechsjährige Ausbildung, die aber extrem spezifisch ist und in einen Beruf führt, in dem man kaum Entwicklungsmöglichkeiten hat." Sie warnt auch vor einem abschreckenden Effekt auf jene, die nicht direkt nach der Schule mit der Lehramtsausbildung beginnen. "Diese Gruppe werden wir teilweise verlieren", glaubt sie. Zwar gebe es extra Übergangsregelungen für Quereinsteiger aus der Wirtschaft, aber dabei gehe es vor allem um Fächer mit Lehrermangel.

Im Bildungsministerium verteidigt man gegenüber der APA die Dauer der neuen Ausbildung: Eine deutliche Verlängerung bringe die neue Studienarchitektur nur für die bisherigen Pflichtschullehrer und es sei wohl nachvollziehbar, dass die mit der neuen Lehrerausbildung geplante Ausweitung von Fachinhalten und Praxis für ein Studium, das für zwei Fächer qualifiziert, nicht mehr in drei Jahren machbar sei. Gerade für die NMS in Ballungsräumen sei die Ausweitung besonders sinnvoll, so Angela Weilguny, für Pädagogische Hochschulen zuständige Sektionschefin: In anderen Ländern würden schließlich auch die Besten an schwierige Schulen geschickt, weil man ihnen zutraue, dass sie trotzdem guten Unterricht zustande bringen.

Zum Qualitätsunterschied komme noch dazu, dass Lehrer künftig nicht mehr nur für die Zehn- bis 14-Jährigen, sondern für die gesamte Sekundarstufe ausgebildet werden. "Die Zeiten, in denen man 40 Jahre nur in einem Berufsfeld gearbeitet hat, sind lange vorbei", so Weilguny. Durch die neue Studienarchitektur könnten künftige Lehrer zwischen den Altersgruppen wechseln, mit unterschiedlichen Voraussetzungen experimentieren und sich in unterschiedlichen Einsatzbereichen bewähren. (APA, 4.4.2016)