Die Uni-Rektoren warnen, dass durch die praxisorientierte Ausbildung an den FHs die wissenschaftlich fundierte Breite von Fächern verlorengehen würde.

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Wien – "Fächerabgleich zwischen Unis und FHs": Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat heuer zum Jahresanfang geschickt Dynamik in die lahmenden Gespräche über Profilschärfung der einzelnen Hochschulsektoren gebracht. Seither wird darüber verkürzt als "Auslagerungen von Fächern der Unis an die FHs" heiß diskutiert.

Den Fachhochschulen scheint das zu gefallen, den Uni-Rektoren weniger. Man verkenne – sinngemäß – den völlig anderen Bildungsanspruch. Für die Universitätenkonferenz (Uniko) kommt eine Verlagerung ganzer Studienfächer an die Fachhochschulen (FH) gar nicht infrage. Die Uni-Rektoren warnen, dass durch die praxisorientierte Ausbildung an den FHs die wissenschaftlich fundierte Breite von Fächern verlorengehen würde. "Allein das Profil der Lehrenden" sei viel zu unterschiedlich, argumentiert etwa Heinz Engl, Rektor der Uni Wien, und beruft sich auf stark international orientierte Berufungen in seinem Haus versus stark praxisorientierter Rekrutierung des Lehrpersonals an den FHs.

Universitäten skeptisch

"Nur die Massennachfrage allein kann jedenfalls kein Argument für eine Auslagerung von Studienrichtungen wie Wirtschafts- oder Rechtswissenschaften sein", sagte Uniko-Präsidentin Sonja Hammerschmid. Dazu betonte sie, dass ein Ausbau des FH-Sektors nicht automatisch kostengünstiger sei als eine adäquate budgetäre Ausstattung der Unis mit einer echten Studienplatzfinanzierung.

Das ging gegen den hochschulpolitischen Vorschlag auch des heimischen Wissenschaftsrates (der dem Ressortminister zu gefallen scheint), die Verteilung der Studierenden zwischen Fachhochschulen und Unis auf 40 zu 60 zu lenken. Derzeit zählen die FHs lediglich 15 Prozent der Studierenden.

Werden also bald ganze Fakultäten von den Unis an die Fachhochschulen wandern? "Nein", antwortet der Präsident der Fachhochschulkonferenz (FHK), Helmut Holzinger. "Wir geben unser Profil nicht auf, sondern ergänzen es." Holzinger wurde im Spätherbst zum dritten Mal in diese Funktion gewählt – einstimmig. Also weiß er den FH-Sektor hinter sich. Erstmals wird er im Gespräch mit dem STANDARD konkreter, was sich hinter "Auslagerungen" verbirgt. Um Verhandlungen nicht vorzugreifen, bemüht er den Blick ins Ausland: In den Niederlanden etwa könne man Jus, Chemie und Angewandte Psychologie an der FH studieren, in der Schweiz lasse sich dort eine Dolmetschausbildung absolvieren. Holzinger geht es gar nicht um ein Entweder-oder, sondern: "ein Management-Track an der FH, ein Scientific-Track an der Uni". Sicher wolle man keinen "Bauchladen", so Präsident Holzinger.

Kostenstatistik

Gerne wird auch mit Kostenstatistiken hantiert. Während die Unis argumentieren, ein Studienplatz an einer FH sei viel teurer als einer an einer Uni, rechnen die FHs wiederum anders: Demnach kostet den Bund ein Absolvent einer FH rund 20.000 Euro, einer der Uni dagegen 85.000 Euro.

Jedenfalls scheinen die Fachhochschulen und ihre Vertreter äußerst tatendurstig und gehen selbstbewusst in die weiteren, detaillierteren Verhandlungen. Verständlich, ergäbe sich doch aus einem solchen "Abgleich" der Studienangebote notgedrungen auch eine Roadmap für den weiteren Ausbau der Studienplätze an den Fachhochschulen – eben in Richtung von 40 Prozent aller Studierenden. Holzinger gibt sich auch öffentlich ungewohnt ungeduldig: "International fährt ein Schnellzug, auch was die wirtschaftliche Entwicklung in Richtung Industrie 4.0 betrifft – eigentlich sollten wir doch die Speerspitze der Reformen und der Innovationen sein."

Umsetzung ab 2019

Noch ist man in der Hochschulkonferenz – dem Verhandlungstisch der Sektorenvertreter – nicht so weit. Geeinigt hat man sich Ende März allerdings auf (für alle akzeptabel formulierte) Aktionsfelder: Abgleich der Studienangebote, Weiterentwicklung des Fachhochschulsektors, Weiterentwicklung von Forschung und Lehre im Bereich Life-Sciences, Fokus Informatik, Fokus Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften plus Arbeit an verstärkter Durchlässigkeit.

So weit nicht weiter erschreckend, wäre da nicht auch ein genauer Zeitplan: Konkrete Maßnahmen bis zum Sommer 2017, dann Einbau in die Steuerungsinstrumente des Ministeriums, dann Umsetzung ab 2019. Zufällig fällt dieser Umsetzungszeitpunkt auch mit dem Auslaufen des vorliegenden FH-Entwicklungsplans zusammen, zufällig sind knapp davor die neuen Leistungsvereinbarungen der Universitäten mit dem Ministerium zu verhandeln.

Mit der Doktoratsfrage wird sich die Hochschulkonferenz auch beschäftigen müssen, weil: "Wenn man diverse EU-Dokumente analysiert, spricht die EU dort sehr stark von industrienahen Doktoraten. Dazu können die FHd mit ihrem Fokus auf angewandte Forschung einen Beitrag leisten." Am Beispiel der Privatunis könne man sehen, wie extern akkreditierte Doktoratsprogramme funktionieren könnten. Also konkret: gegen das "Exklusivrecht" der Unis auf den PhD. Aber: "Wir fordern auch nicht das Promotionsrecht für jede Fachhochschule", so Holzinger. Dass die Expansion der Privatunis auch noch ein großes Thema wird, zeichnet sich ebenfalls bereits ab. (Karin Bauer, 11.4.2016)