Unternehmen waren im Vorjahr fast 80 Prozent des Transaktionsvolumens auf Käuferseite zuzuschreiben, auf Verkäuferseite waren sie zu 57 Prozent des Volumens involviert.

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Nach 2009 und 2013 dürfte 2015 das bisher dritte Jahr werden, in dem mehr als eine Milliarde Euro mit Wiener Zinshäusern umgesetzt wurde. Bis zum Stichtag 15. Februar 2016 wurden laut dem aktuellen Marktbericht von Otto Immobilien nämlich schon genau 934 Millionen Euro in Wiener Gründerzeit-Zinshäuser investiert; mit dem erwartbaren "Nachlauf" von einigen hundert Millionen Euro – Deals des Vorjahres, die erst noch im Grundbuch eingetragen werden müssen – wird die Milliarden-Marke überschritten werden, ist sich Firmenchef Eugen Otto sicher. Er spricht gar von einem "absoluten Rekordjahr", das zu erwarten sei, weil schon im 1. Halbjahr 2015 inklusive bisherigem Nachlauf die 500-Millionen-Marke überschritten worden war.

ImmoESt-Erhöhung als Antreiber

Klarer Impulsgeber sei dabei die Anhebung der Immobilienertragsteuer (Immo-ESt) gewesen, aber auch der Mangel an Anlage-Alternativen. Letzteres könnte freilich auch die Ursache dafür sein, dass 2016 ein nicht ganz so gutes Jahr am Wiener Zinshausmarkt werden wird: Verkaufen würden nämlich nach wie vor viele Private, und die haben oft keine Idee, wie sie den Verkaufserlös anlegen könnten.

"Wenn man eine gute Idee hat, oder ein klares Ziel, wofür man das Geld ausgeben will, dann ist ein Verkauf jetzt optimal", sagt Otto-Zinshausmakler Markus Steinböck. "Wenn man aber keine Idee hat, dann nicht" – auch wenn er das aus seiner Makler-Sicht heraus natürlich bedauert.

Renditen unter fünf Prozent

Zwei Drittel des bisher bekannten Volumens von 2015 wurden innerhalb des Gürtels umgesetzt, wo allerdings nur ein Drittel der Transaktionen beheimatet war. Daran erkennt man das immer noch deutliche Attraktivitäts-Gefälle, auch wenn die Preise außerhalb des Gürtels seit dem ersten Halbjahr deutlich zugelegt haben. Ausnahmen sind hier die Bezirke 13. 18 und 19 – aber nur deshalb, weil hier das Preisniveau ohnehin schon wie innerhalb des Gürtels war, nämlich aktuell bei 2.000 bis 2.300 Euro je Quadratmeter.

Im 1. Bezirk zahlt man für ein Zinshaus aktuell im Schnitt 5.375 Euro je Quadratmeter, und hier ist die erwartbare Rendite auch am niedrigsten, sie liegt bei 2,2 Prozent. Mehr als fünf Prozent sind für Investoren aktuell ohnehin nicht mehr drinnen, auch nicht in den sechs Bezirken mit den niedrigsten Preisen (ab 1.350 Euro), als da sind: Favoriten (10.), Simmering (11.), Meidling (12.), Penzing (14.), Floridsdorf (21.), Donaustadt (22.) und Liesing (23.). Hier sind aktuell im Schnitt zwischen 4,0 und 4,2 Prozent Rendite erzielbar.

"Vorurteile lösen sich auf"

Unter 1.000 Euro je Quadratmeter ist laut Richard Buxbaum, Zinshaus-Experte bei Otto Immobilien, kein Zinshaus mehr zu haben. Diese aktuelle Preisentwicklung stehe auch im Zusammenhang mit dem mangelnden Angebot der Bezirke innerhalb des Gürtels, "wodurch die Nachfrage außerhalb des Gürtels, und hier konkret im 21. und 22. Bezirk, stark angezogen hat".

"Alte Vorurteile von sogenannten guten oder schlechten Bezirken lösen sich deshalb sukzessive auf", berichtet Steinböck. "Im 20. Bezirk beispielsweise investieren jetzt Leute, die noch vor fünf oder sechs Jahren gesagt haben: Niemals."

Privatstiftungen und Religionsgemeinschaften als Käufer

Unternehmen waren im Vorjahr fast 80 Prozent des Transaktionsvolumens auf Käuferseite zuzuschreiben, auf Verkäuferseite waren sie zu 57 Prozent des Volumens involviert. Hier taten sich besonders stark Versicherungen hervor, die auf Verkäuferseite für sieben Prozent des Transaktionsvolumens verantwortlich waren, auf Käuferseite für fünf Prozent. Erwähnenswert bei den Käufern waren außerdem noch bei der Gruppe der "Sonstigen" die Privatstiftungen und Religionsgemeinschaften. Gemeinsam machten sie einem Anteil von sieben Prozent am Transaktionsvolumen aus.

Für eine gewisse Unsicherheit sorgt am Markt laut Buxbaum weiterhin die anhaltende Diskussion über die Reform des Mietrechtsgesetzes (MRG). Solcherart verunsicherte Investoren würden vermehrt Investitionen in Neubauten als Alternative erkennen.

Asset vs. Share Deal

In die Otto-Statistik fließen nur sogenannte "Asset Deals" ein, bei denen ein Objekt im Grundbuch einen neuen Eigentümer bekommt. "Share Deals", bei denen nur eine Gesellschaft den Besitzer wechselt, sind schwierig zu erfassen. Alexander Bosak, Leiter des Researchs bei Otto Immobilien, kündigte aber entsprechende Firmenbuch-Recherchen an.

Dass es inklusive Share Deals ein weitaus höheres Transaktionsvolumen gäbe, glaubt man bei Otto ohnedies nicht. "Etwa ein Drittel unserer Abgeber würde grundsätzlich auch in Form eines Share Deals verkaufen. Interessanterweise kommt aber am Ende fast immer ein Asset Deal heraus", berichtete Steinböck.

14.670 Gründerzeit-Zinshäuser

Per Stichtag 15. Februar gab es in Wien noch genau 14.670 Gründerzeit-Zinshäuser nach der Definition von Otto Immobilien. Seit dem Beginn der Otto-Recherchen im Jahr 2009 hat sich der Bestand damit um fünfeinhalb Prozent verringert. Hauptursache für den stetigen Rückgang ist die Begründung von Wohnungseigentum; "Abrisse finden erfreulicherweise selten statt", sagt Bosak.

Laut Buxbaum sind Parifizierungen bei Zinshaus-Investoren auch weiterhin beliebt, können doch Altbau-Wohnungen nach wie vor zu guten Preisen als Eigentumswohnungen verkauft werden. (Martin Putschögl, 11.4.2016)