Vor dem Restaurant kann man bequem mit dem Boot anlegen.

Foto: dieter-lampl.com / Spider Rock

Wenn das Wetter nicht mitspielt und man drinnen sitzen muss, sollte man auf jeden Fall einen Tisch ganz vorne am Fenster reservieren.

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Salsa-Abende und Menüs mit inkludierter Zauber-Show braucht es eigentlich nur, wenn man sonst nicht viel zu bieten hat. Warum gerade das Team des Restaurants der Marina Wien so eine Leidenschaft für skurrile Veranstaltungen hat, bleibt ein Rätsel, könnte es sich doch locker zurücklehnen und darauf verlassen, was es kann: Guten Service, solide Küche und ein Panorama, das man so nicht in Wien erwartet. Das Restaurant liegt – wie der Name schon sagt – im Yachthafen der Bundeshauptstadt, der Marina Wien und damit direkt an der Donau.

So deprimierend es auch ist, sich als Bootsbesitzer in den kalten Monaten mit gutem Essen und Hochprozentigem befriedigen zu müssen, während man sehnsuchtsvoll auf sein am Parkplatz in Plane eingewickeltes Schinakl schaut, so feudal und erhaben fühlt man sich, wenn das Selbige im Sommer mit einem lockeren Klampenschlag am Steg befestigt liegt und man den vorbeilaufenden Staunern, mit einem Glas in der Hand wissen lässt: Das ist meins.

Zum Glück kommen aber nicht nur Bootsbesitzer und Liegeplatznutzer der Marina in den Genuss der Küche, in der der ehemalige Sacher-Koch Clemens Kobler die Fäden zieht. Auch das "Fußvolk" darf es sich auf der Sonnenterrasse oder in dem verglasten Innenraum des Restaurants gemütlich machen.

Gar nicht mies diese Muscheln

Hier serviert man beispielsweise Jakobsmuscheln am Spieß mit Rote Rüben Risotto oder Bouillabaisse à la Marina. Klar, dass weder die Jakobs- noch die Pfahlmuschel morgens vom Fischer aus der Donau geangelt wurde. Aber es geht ja schließlich um das Flair und um den Geschmack.

Apropos Geschmack: Der Muscheltopf, den es klein und groß gibt, ruft nicht nur Kindheitserinnerungen an Strandurlaube und Besuche beim Lieblingsitaliener hervor, sondern schmeckt auch köstlich nach Meer. Die Miesmuscheln, die im Gusseisentopf eine logische Symbiose mit Weißweinsud, Knoblauch und Lauch eingehen, lösen sich hervorragend von der Schale und verlieren dabei nicht ihren typischen Muschel-Geschmack.

Der Muscheltopf im Weißweinsud mit Knoblauch und Lauch wird im Gusseisen-Topf serviert.
Foto: Alex Stranig

Und um gleich bei den Kindheitserinnerungen zu bleiben, wird auch Beef-Tatar bestellt, das auf niemals enden wollenden Autofahrten nach Slowenien allzu oft der einzige Anker war, den öden Trip mit den im Auto rauchenden Eltern und einer CD der Kastelruther Spatzen zu ertragen.

Das Tatar ist tadellos gewürzt, schmeckt frisch und leicht säuerlich. Nicht unangenehm. Gegen ein paar Zwiebelringe mehr wäre nichts einzuwenden gewesen. Und anstatt des langweiligen Toastbrots hätte man lieber zum Baguette, das zur Miesmuschel serviert wurde, gegriffen. Wobei der Toast wahrscheinlich noch besser war, als das öd schmeckende Jourgebäck, das als Gedeck mit Kräuterbutter gereicht wird.

Das Beef Tatar kommt ohne viel Chichi aus. Obligatorische Balsamico-Creme inklusive.
Foto: Alex Stranig

Klassiker wie Backhendl, Tafelspitz oder Wiener Schnitzel finden sich auf der Karte ebenso wie das obligatorische Zanderfilet. Zur Freude mit glacierten Karotten und Bärlauchpüree. Es bleibt zu hoffen, dass der Bärlauch im Kartoffelpüree eine Frühlingsbegleiterscheinung ist. Ob das Panierte und stundenlang in Rindsuppe gekochte Fleisch ebenso solide schmeckt, gilt es in den nächsten Monaten zu testen, wenn das Boot ins Wasser gelassen wurde und man das Restaurant wieder über den Steg betritt. (Alex Stranig, 19.4.2016)