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Arbeiten am "Bildungskompass": Portfoliomappe zur Präsentation, Beobachtungsbogen zur Dokumentation im Kindergarten.

Foto: Reuters/Kai Pfaffenbach

Wien – Raphaela Keller wird wohl so etwas wie der Stachel in der von Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) für die kommende Woche erstmals zusammengetrommelten Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines "Bildungskompasses" sein.

Zur Erinnerung: Die im November präsentierte Bildungsreform der Regierung sieht für den Kleinkindbereich eine Art "Mutter-Kind-Pass" für die Bildung vor, wie es Ideengeber Markus Hengstschläger damals im STANDARD-Gespräch definierte. Bis Juli soll unter Federführung des Charlotte-Bühler-Instituts für Kleinkindforschung ein Konzept vorliegen, im Herbst will die Regierung ihre Idee bereits in die Praxis umsetzen.

Dafür hat man im Familienministerium neben anderen Bildungspsychologin Christiane Spiel, Erziehungswissenschafter Wilfried Schmidt von der Uni Innsbruck und Klaus Vavrik von der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit zur Mitarbeit eingeladen. Karmasin beschreibt die Intention hinter dem Vorhaben so: "Der Bildungskompass soll jedes Kind vom Kindergarten bis zum letzten Schultag begleiten."

Test sollen nicht katalogisieren

Dass die Kinder dafür im Alter von dreieinhalb Jahren das erste Mal getestet werden sollen, lässt Keller, die für die Kindergarten- und Hortpädagoginnen in der Arbeitsgruppe sitzt, betonen: "Es geht nicht darum, das Kind einmalig zu beobachten und zu katalogisieren." Gerade junge Kinder seien eben nicht wie bei der Schuleinschreibung "auf einen Moment festzulegen". Grundsätzlich findet sie es gut, dass bei dem Vorhaben diesmal auch Praktiker zu Wort kommen.

Diese Chance nützt sie, um auf zwei Dinge hinzuweisen, die aus ihrer Sicht besonders wichtig sind: Einerseits wolle sie mithelfen bei der Begriffsklärung, welche Werkzeuge zur Umsetzung des Bildungskompasses verwendet werden sollen. Karmasin schreibt in ihrem Drei-Seiten-Konzept nämlich von einer "Aufbereitung der Beobachtungsergebnisse im Rahmen eines Portfolios". Bloß dient eine Portfoliomappe der Präsentation und Information für Eltern und Kinder. Dabei geht es nicht um einen Entwicklungs- oder Beobachtungsbogen.

Außerdem habe der Kompass nur dann Vorteile, "wenn es nicht um eine Leistungsbeurteilung oder um einen Stempel für das Kind geht". Und, ebenfalls relevant für Keller: Ein wie auch immer gearteter Beobachtungsbogen könne von den Kindergärtnerinnen nur dann an die Schule weitergegeben werden, "wenn beide Seiten wissen, was da steht". Basis für eine gut abgestimmte Interpretation der Aufzeichnungen ist für Keller eine gemeinsame Ausbildung aller Pädagoginnen und Pädagogen – eine langjährige Forderung der Elementarpädagoginnen, die sie in der neuen PädagogInnenausbildung wieder nicht umgesetzt sehen. (riss, 13.4.2016)