André Pohl, Sandra Cervik, Tonio Arango und Roman Schmelzer (v. li.) in "Die kleinen Füchse".

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Wien – Der amerikanische Süden hat materiell schon bedrängtere Zeiten gesehen. Das Wiener Josefstadt-Theater besucht das schicke Heim einer Dynastie von Plantagenbesitzern. Das Loft der Hubbards reicht hoch hinauf in den Schnürboden (Ausstattung: Herbert Schäfer, Vasilis Triantafillopolous). Hinter einer Front aus Industrieglas schimmert milchiges Licht. Und weil die Kapitalisten in Lillian Hellmans "Die kleinen Füchse" Gierschlunde sind, darüber hinaus aber auch Rassisten und unverbesserliche Egozentriker, kann es ihnen herzlich egal sein, ob es vor ihrer Haustür draußen jemanden zu sehen gibt. Geschundene Lohnabhängige, die Baumwolle pflücken, oder schwarze "Huren".

Drinnen, im Salon der Hubbards, herrscht eine künstlich aufgekratzte Stimmung. Ein Yankee (Roman Schmelzer) ist als Investor höflich bei der Tür hereingeschneit. Und weil man sich die profitable Chance auf die Baumwollverarbeitung nicht vermasseln will, bietet man eben auf, was der sonnige Süden zu bieten hat. Drei Geschwister, die um ihre Anteile feilschen: der etwas knöcherne Kettenraucher Ben (André Pohl); der arg begriffsstutzige Oscar (Tonio Arango); Regina (Sandra Cervik). die mondän grinsende Dame des Hauses, die dem lieben Gast ohne weiteres erotisches Entgegenkommen signalisiert.

Die Verstrickungen im Hause Hubbard hätte Tennessee Williams nicht zartbitterer hinbekommen. Der konföderierte Wollpflückeradel seufzt gekränkt seiner Vergangenheit hinterher. Vor allem Birdie (Martina Stilp), Oscars Frau, stelzt als dauerbeschwipstes Faktotum durch die gute Stube. Sie lallt jedem, der es (nicht) hören will, etwas von den guten, alten Zeiten ins Ohr.

Man hat nach gut zehn Minuten recht gut begriffen, worauf Regisseur Torsten Fischer hinauswill mit dieser doch arg klischeehaften Schicksalsgemeinschaft. Die böse Profitmaximierung soll den Südstaatlern das Recht auf Sklavenhaltung ersetzen. Hineingemengt hat US-Autorin Hellman (1905–1984) in ihren prächtig gebauten Reißer ein paar psychologische Finessen. Schuld an den moralischen Verstrickungen ist natürlich die grassierende Lieblosigkeit. Horace (Herbert Föttinger) kehrt als zum Tode erkrankter Gemahl der hemmungslosen Regina heim in den Vipernschlag. Man darf ihn, im Licht der rund zweieinhalbtausendjährigen Theatergeschichte, auch Agamemnon nennen.

Tatsächlich generiert das hohe Paar Cervik-Föttinger ein paar erhabene Momente innigster Hassliebe. Zu wenig nur, um das Interesse an den tolldreisten Streichen der Reichen nachhaltig zu wecken. Im Übrigen darf man die ehrenwerten Josefstadt-Schauspieler dafür bewundern, wie sie versuchen, sich ostentativ "rassistisch" zu gebärden. Der Industriestandort südliche USA soll durch das Knüpfen innerfamiliärer Bande gesichert werden. Dafür gehen unsere sympathischen Ausbeuter knallhart über Leichen. Ein wenig genügsam ist das Stück. In der Verfilmung mit Bette Davis mag das anders gewesen sein.

Der durchschlagend durchschnittliche Abend wurde höflich akklamiert. Mögen die Reichen auch verschwenderisch leben. In einem Punkt herrscht eiserne Spargesinnung: Ausstatter Herbert Schäfer zeichnet auch für die Dramaturgie verantwortlich. (Ronald Pohl, 15.4.2016)