Wien – Am Ende stand die einstimmig angenommene Resolution der SPÖ Wien. Die gemeinsame Position: "Das Recht auf Asyl ist durch Obergrenzen nicht zu beschränken." Wiens Bürgermeister Michael Häupl zeigte sich erfreut.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl hatte am Samstag gut lachen. Der Protest am Landesparteitag richtete sich gegen Kanzler Werner Faymann und am Ende gab es einen einstimmigen Beschluss zur Asyllinie.
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Aber auch am Anfang lächelte Häupl entspannt, als er an den Transparenten, die seine Parteijugend vor der Messe Wien ausgerollt hatte, vorbeiging. Denn die Kritik auf dem 71. Landesparteitags der SPÖ Wien galt am Samstag nicht ihm, sondern der Bundespartei. Konkret: Bundeskanzler Werner Faymann. "Notverordnungen waren schon 1933 out", war zu lesen. In der Halle verteilten die Bezirke gelbe Sticker mit der Aufschrift "Team Haltung" – und auch hier richtete sich der Protest gegen den Bundesparteivorsitzenden.

Distanz zu Faymann

Faymann, der als Zweiter nach SPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer die Bühne erklomm, sah über die mehr als hundert Delegierten hinweg, die zur selben Zeit den Raum verließen, um "Distanz" zu zeigen. Der Kanzler betonte, die SPÖ würde sich nicht auseinanderdividieren lassen. Man könne nicht alle Flüchtlinge aufnehmen: "Hunderttausende im Jahr kann Österreich nicht verantworten. Das müssen auch die Sozialdemokraten aussprechen."

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Auch Häupl bezog sich in seiner Rede auf den internen Zwist um das Asylgesetz. Die Solidarität mit den Flüchtlingen sei in Wien groß. Aber: "Wir können das nicht als kleines Österreich in Europa allein machen", sagte Häupl.

Kritik an der Bundes-SPÖ schwächte der Bürgermeister ab. "Ich begrüße es, dass wir uns vorbereiten, falls wieder 100.000 nach Österreich kommen", sagte er zu der in der SPÖ umstrittenen Asylnovelle, die Notverordnungen vorsieht. Eine Notsituation sei "zur Stunde nicht gegeben".

80.000 Flüchtlinge möglich

Im Gespräch mit dem STANDARD wurde Häupl konkreter: Man hätte in der Zeit der Bosnien-Krise rund 80.000 Flüchtlinge in Wien aufgenommen, das würde man wieder schaffen. "Wir sind jetzt noch weit weg von Überforderung."

Wenn künftig Integrationsminister Sebastian Kurz und der Rest der ÖVP mithelfen würden, wäre das "super". Schließlich hätten 830 Gemeinden keinen Flüchtling aufgenommen, Wien aber erfülle die Quote der Flüchtlingsunterbringung mit 117 Prozent. "Wenn wir nicht jammern, braucht sonst auch niemand zu jammern", sagte er.

Reden als Positionierung

Härter drückte sich Wiens Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger aus. Es gebe "Stimmen" in der Partei, die ihr "Sorgen machen". Damit bezog sie sich auf Kräfte in der Partei, die die innere Ordnung durch Flüchtlinge gefährdet sehen. "Achten wir auf die Bilder, die wir produzieren."

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Die 50 Wortmeldungen, die auf die Reden der Parteispitze folgten, zeigten erneut den Bruch, der derzeit durch die SPÖ geht: Positionierungen für oder gegen die Asylpolitik Faymanns und Appelle, zu den Grundwerten der Sozialdemokratie zurückzukehren.

Bundes-SPÖ: "Schrebergartenpolitik"

Der Landtagsabgeordnete Marcus Gremel etwa erklärte, er sei immer "sehr stolz" auf den Kanzler gewesen. Dies habe sich geändert. Die Asylpolitik sei "nichts anderes als nationale Schrebergartenpolitik". Was auf Bundesebene passiere, seien nicht Menschlichkeit und Ordnung, sondern "Abschottung und Restriktion".

Mit der Novelle des Asylgesetzes würde "das Schlimme" legitimiert, sagte Saya Ahmad von der SPÖ-Alsergrund: "Wie weit will die Bundespartei sich noch von den Grundwerten distanzieren?" Sie stellte sich gegen die Verschärfungen für Flüchtlinge: "Nicht, weil ich Migrantin bin, sondern weil ich Sozialdemokratin bin."

Tanja Wehsely, Obfrau des Vereins Wiener Jugendzentren, findet, dass die SPÖ zu ihren Grundwerten stehen soll.
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Man solle zu Solidarität und Grundwerten stehen, sagte Tanja Wehsely, Obfrau des Vereins Wiener Jugendzentren zum STANDARD. Das bedeute, "Menschen, die um ihr Leben rennen", zu helfen.

Faymann-Protstest: "Respektlos"

Gemeinderat Christian Deutsch aus Faymanns Heimatbezirk Liesing kritisierte den Protest: "Unseren Bundeskanzler zu diskreditieren – das ist Respektlosigkeit, die mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung verwechselt wird." Auch beim Thema Asyl verteidigte er den Kanzler: "Viele sind aufgewacht und wissen, dass wir nicht das Asylrecht für ganz Europa wahrnehmen können."

Gerhard Schmid, Bundesgeschäftsführer der SPÖ, gab Faymann ebenfalls Rückendeckung. Er würde den Kurs mit ganzer Leidenschaft vertreten. "Niemand stellt den humanitären Ansatz in der Flüchtlingsthematik infrage." Dennoch sei es notwendig, strukturierte Prinzipien zu definieren. (Oona Kroisleitner, 17.4.2016)