Wien – "Am Rutschduam, sagt die Mama, am Rutschduam gehst ma net", sang Willi Resetarits über das älteste Fahrgeschäft in Wien – den "Teufels Rutsch", den Toboggan.

Der Toboggan – eigentlich eine amerikanische Erfindung – wurde nach dem Vorbild anderer Rutschtürme in europäischen Großstädten im Jahr 1913 von dem russischen Schausteller Nikolai Kobelkoff eröffnet. 1945, noch während des Zweiten Weltkriegs, brannte das hölzerne Gerüst des Turms völlig ab, wurde aber 1947 nach den Originalplänen wieder aufgebaut.

Bis zum Jahr 2000 blieb der 25 Meter hohe Rutschturm, der einst den höchsten Punkt im Prater darstellte, in Betrieb. Wegen Baumängeln musste die Rutsche dann aber geschlossen werden.

Sanierung und Neuaufnahme

Die Wiederbelebung des Toboggan begann sieben Jahre später, als Sammy Konkolits 2007 den unter Denkmalschutz stehenden "Teufels Rutsch" kaufte und anschließend renovierte.

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Die Rutsche wurde auf den technisch neuesten Stand gebracht, das Innere des Turms musste fast zur Gänze erneuert werden. Die Gesamtkosten für die Revitalisierung beliefen sich laut Stadt Wien auf insgesamt 350.000 Euro. 100.000 Euro wurden von der Stadt Wien und 50.000 Euro vom Bundesdenkmalamt übernommen. In der Pratersaison 2009 öffnete der Toboggan erneut seine Türen für Groß und Klein.

"Wir dachten, dass alles, was 100 Jahre gutgeht, auch 200 Jahre geht", sagt Konkolits über den Entschluss, den gelb-rot-weißen Turm zu übernehmen: "Wenn ganz Wien da schon einmal runtergerutscht ist, werden sie's auch wieder tun." Denn spätestens mit der Firmung würde die Beziehung zwischen den Wienern und dem Prater beginnen. "Mit dem Firmgeld ist doch fast jeder in den Prater gegangen."

Der Onkel traute sich nicht

Viele Familien kämen zu seinem Fahrgeschäft, weil es einfach Tradition sei. "Der Vater ist seinerzeit schon runtergerutscht, der Bub will natürlich auch, und der Opa steht ebenfalls an", sagt Konkolits lächelnd. Sein erster Rutschgang erfolgte aber aus einem anderen Grund: Sein Onkel nahm ihn mit sechs Jahren mit in den Prater und hatte sich selbst nicht hinaufgetraut. "Da wusste ich, das ist meins. Da muss ich rauf."

Sammy Konkolits kaufte im Jahr 2007 den unter Denkmalschutz stehenden Turm.

Die Kinder seien vor ihrem ersten Aufstieg meist sehr aufgeregt. "Die Kleinen zappeln dann nervös herum, aber man weiß schon, dass sie in zwei Minuten wieder anstehen", sagt der Schausteller. Die Erwachsenen hingegen hätten meist eine andere Rutschagenda: "Sie wollen einfach schneller als die Kinder unten sein – schaffen's aber fast nie." Aus diesem Grund veranstaltet der Toboggan-Besitzer auch jedes Jahr eine Rutschmeisterschaft. Der Rutschrekord liegt bei 11,88 Sekunden – ein Kind hat ihn aufgestellt.

Mit dem Förderband hinauf

Der Weg hinunter ist heute derselbe wie vor 100 Jahren. In braunen Jutesäcken schlittert man die schmale Bahn hinunter, das wollte Konkolits unbedingt beibehalten. Hinauf geht es auf einem Förderband aus schwarzem Gummi. Das Band sei oft eine Herausforderung, sagt Konkolits. Erwachsene würden oft stolpern oder hinfallen, Haltegriffe gibt es nicht. "Bei Kindern geht es viel natürlicher."

Die Arbeit im Prater ist für ihn etwas Besonderes. "Man hat viel mehr Spaß. Die Leute sind halt auch lustiger als sonst", sagt Konkolits.

Legendäres Holzstück

Seit den 1950er-Jahren rankt sich um den Toboggan im Prater auch eine kleine Legende, die wohl auch Mama Resetarits gehört hat: Damals soll sich ein Holzstück gelöst haben, und dieses soll eine rutschende Frau aufgespießt haben.

Zwar kam es damals tatsächlich zu einem Unfall, die Frau hatte sich dabei aber lediglich einen Splitter eingezogen. Also: "Steig ma aufe, rutsch ma owe. Weil da Mama olles glaub'n hot's eh net brocht."

(Oona Kroisleitner, Maria von Usslar, 9.5.2016)