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Jedes Jahr findet im ehemaligen Konzentrationslager Jasenovac eine Gedenkveranstaltung statt. In diesem Jahr wird sie von der jüdischen Gemeinde und Vertretern der Serben boykottiert. Zu sehen ist die "steinerne Tulpe" von Bogdan Bogdanović.

Foto: APA/EPA/Bat

Kommenden Freitag findet die jährliche Gedenkveranstaltung im ehemaligen Konzentrationslager Jasenovac statt. Heuer wird das Gedenken, das an die Massenverbrechen der faschistischen kroatischen Ustascha erinnert, aber wegen eines Films namens "Jasenovac – die Wahrheit von Jakov Sedlar" überschattet. In dem Film ist von einer "Hypothek für das gesamte kroatische Volk" die Rede – auch die Zahl der Toten in Jasenovac wird infrage gestellt.

Die Empörung war vor allem groß, weil der kroatische Kulturminister, der bereits wiederholt durch seine Nähe zum Gedankengut des NDH-Staates der Ustascha kritisiert worden war, den Film gelobt hatte. Zlatko Hasanbegović hatte gesagt, dass der Film "eine Reihe von Tabus" anspreche und ein Licht auf einige "kontroversielle Plätze" in der kroatischen Geschichte werfe. Das Simon Wiesenthal Center meinte darauf, Kroatien habe Probleme mit "faschistischer Nostalgie". Auch die israelische Botschafterin in Zagreb, Zina Kalay, kritisierte den Film wegen des selektiven Blicks auf die Geschichte und weil er die Familien der Opfer beleidige.

Aufrechnen als Methode

Tatsächlich werden in dem Film Opfer der Kommunisten mit jenen der Ustascha aufgerechnet. Dieses "Aufrechnen" ist in den Staaten Exjugoslawiens eine oftmals verwendete Methode, um die eigenen Verbrechen zu relativieren. In Jasenovac wurden etwa 85.000 Menschen – vor allem Serben, Roma und Juden – getötet oder sie kamen aufgrund der grausamen Verhältnisse zu Tode.

Hasanbegović hatte zudem vor einiger Zeit vorgeschlagen, die staatliche Unterstützung für die Gedenkveranstaltung in Jasenovac zu kürzen. Gleichzeitig kündigte er an, heuer zur Gedenkveranstaltung kommen zu wollen – die jüdische Gemeinde in Kroatien und Vertreter der Serben in Kroatien wollen diese heuer hingegen boykottieren. Die kroatische Regierung will indes eine andere Veranstaltung in Bleiburg sponsern, die an die Massaker der Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee (Opfer waren unter anderen Ustascha) im Mai 1945 erinnern soll.

Sowohl Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović als auch Premier Tihomir Orešković betonten im Rahmen der Kontroverse, dass der NDH-Staat ein verbrecherisches Regime gewesen sei. Doch liberale Kräfte fürchten eine neue Akzeptanz für alte Fascho-Sprüche. Tatsächlich werden Slogans wie "Für das Vaterland bereit" (Za dom spremni) in Kroatien immer wieder skandiert – zuletzt bei einer Gedenkveranstaltung für eine Armeeeinheit in Split. In den vergangenen Jahren waren sie immer wieder bei Fußballspielen zu hören – im März etwa bei einem Spiel zwischen der kroatischen und der israelischen Fußballmannschaft.

Hasanbegović wird auch wegen seiner Medienpolitik kritisiert. Vergangene Woche trafen sich sechs Botschafter in Zagreb – darunter auch jener aus Österreich –, um über ihre Sorge um die Medienfreiheit in Kroatien zu reden. (Adelheid Wölfl, 20.4.2016)