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Die Polizei sichert den Ort nahe einer Kaserne in Monte Chota auf der Insel Santiago.

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Am Donnerstag nahmen Sicherheitskräfte den mutmaßlichen Täter fest. Ihm sei es um "persönliche Motive" gegangen, heißt es.

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Spektakulärer Fund: Vergangene Woche beschlagnahmte die kapverdische Polizei 280 Kilogramm Kokain.

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Praia – Manchmal ist es auch spannend zu erfahren, was angeblich nicht passiert ist. Jedenfalls waren die Behörden in Kap Verde diese Woche sehr daran interessiert, genau das den Journalisten mitzuteilen.

Nein, der Massenmord vom Dienstag habe nichts mit den Wahlen zu tun, bei denen die Opposition vor rund einer Woche die Macht auf der westafrikanischen Inselkette zurückgewonnen hatte. Und nein – auch mit der Drogenkriminalität, die die friedlichen Inseln immer mehr in den Griff bekommen, habe das alles nichts zu tun.

Stattdessen seien es "persönliche Motive" gewesen, die den am Mittwoch festgenommenen Verdächtigen zu seiner Tat bewegt hätten. Der 24-jährige Soldat hatte tags zuvor acht Soldaten, zwei spanische Ingenieure und einen Zivilisten in einer Kaserne erschossen. In seinem Besitz wurden neun Kalaschnikow-Gewehre gefunden.

Amokläufe und Warnungen

Eine direkte politische Verbindung wird tatsächlich als unwahrscheinlich bewertet. Immerhin rühmt sich das Land seit Ende der Diktatur 1991, zu einer der bestfunktionierenden Demokratien Afrikas geworden zu sein. Das bestätigen Kap Verde immer wieder auch Studien. Einen indirekten Zusammenhang zwischen dem Wahlausgang und der Gewalttat halten trotz der Dementis aber viele für möglich.

Experten fürchten schon länger, dass der Handel mit illegalen Substanzen zu einer Bedrohung für den bescheidenen Wohlstand werden kann, den sich die rund 500.000 Kapverdier in den 40 Jahren der Unabhängigkeit von Portugal erarbeitet haben.

Gute Voraussetzungen für den legalen, aber auch den illegalen Handel: Die Kapverden liegen auf einer der Seefahrtsrouten zwischen den schlecht bewachten Teilen der afrikanischen Westküste und Südamerika.

Spekuliert wurde vor der Festnahme des Täters etwa darüber, dass es sich beim Amoklauf um eine Warnung an die neue Regierung handeln könnte. Dass diese die Angelegenheit ernst nimmt, lassen jedenfalls die Geschehnisse vom Dienstag vermuten: Nur kurz nach der Entdeckung der Tat sperrte das Land seinen gesamten Luftraum. Das Kabinett trat zu einer Krisensitzung zusammen, Präsident Jorge Carlos Fonseca kündigte eine Ansprache an. In dieser verriet aber nur wenige Details.

Die scharfen Reaktionen haben wohl auch mit einem aufsehenerregenden Fund zu tun: Vergangene Woche hatte die Polizei bei einer Razzia auf einer Yacht 280 Kilogramm Kokain beschlagnahmt und stolz im Fernsehen präsentiert

"Viel besser als auf dem Festland"

Was auch immer hinter den angeblich "persönlichen Motiven" des mutmaßlichen Täters steht: Dass die Tat überhaupt möglich war, zeigt auf, dass die Armee bei ihren Versuchen zu Aufrüstung und Professionalisierung noch nicht dort ist, wo sie gerne wäre.

Mehrere Persönlichkeiten – darunter die Mutter der Anti-Drogen-Chefermittlerin Katia Tavares und der Sohn des nun abgewählten Premiers Jose Maria Neves – waren im Vorjahr Ziel von Schussattentaten aus dem Drogenmilieu geworden.

Diese Attentate hat das Land auch als Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit verstanden. Die frühere Regierung reagierte mit einem Ausbau der Drogenfahndung. Diese ist, so sagten Experten vor ein paar Monaten der Nachrichtenagentur Reuters, "schon jetzt viel besser als jene auf dem Festland". Das Gepäck von Flugpassagieren wird am Flughafen von Geräten und Hunden gescannt, von den USA und der EU finanzierte Radaranlagen sollen helfen, Schmugglerboote zu finden.

Ein Amoklauf zum Amtsantritt

Aber das alles hat den Handel bisher nur gebremst, nicht aber gestoppt. Noch liegt der Preis für Kokain auf den Inseln deutlich unter jenem auf dem afrikanischen Festland – das legt nahe, dass das Angebot noch immer vorhanden ist. Die kilometerlangen verwinkelten Küsten der zehn Inseln sind eben schwer zu überwachen, sagen die Sicherheitsdienste.

Zudem lockt das Geld. Dem an sich als "sauber" geltenden Staat ist in den vergangenen Jahren ein Korruptionsproblem erwachsen. Und genau das hat die frühere Regierung bei den Wahlen im März ihr Amt gekostet. Die Opposition hatte eine harte Hand versprochen. Der Amoklauf im Kreise der Armee – und nur wenige Tage nach dem Amtsantritt von Premier Ulisses Correia e Silva – hinterlässt daher zumindest einige Fragen. (Manuel Escher, 28.4.2016)