Viele Iraner haben bei den Wahlen im Februar für die Reformer gestimmt. Diese wollen ihren Sieg in der zweiten Runde nun wiederholen.

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17 Millionen Iranerinnen und Iraner sind wieder aufgefordert, an die Urnen zu treten. Am Freitag hat die Stichwahl um die 68 der insgesamt 290 Parlamentssitze begonnen, die beim ersten Wahlgang vor zwei Monaten nicht vergeben wurden. 136 Kandidaten stehen dafür zur Wahl. Nach Verlusten in der ersten Runde setzen die Konservativen nun besonders kräftige Bemühungen in die zweite Chance.

Im Februar hatten die Reformer zum ersten Mal nach drei Wahlperioden die Mehrheit der Sitze erhalten. Unter den Gewählten aus ihren Reihen sind auch 14 Frauen. Insgesamt konnten sie 84 Sitze für sich verbuchen, die Konservativen erhielten 63 Sitze, Unabhängige 74. Über den Rest wird erst jetzt abgestimmt.

Umstrittene Annullierung

In einem Wahllokal wird dagegen erst bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in eineinhalb Jahren wieder gewählt. Die Abgeordnete Mino Khaleghi wurde in Isfahan im Februar zwar mit fast 30 Prozent der Stimmen gewählt, dann aber annullierte der Wächterrat das Votum ohne Angabe von Gründen. Das führte zu Unstimmigkeiten zwischen dem Innenministerium und dem Wächterrat.

Der wiedergewählte konservative Abgeordnete Ali Motahari bezeichnete das Vorgehen als ungesetzlich und sagte, wenn so etwas Schule mache, könnte demnächst auch die Wahl eines gewählten Präsidenten vom Wächterrat annulliert werden.

Hoffnung auf einen kleinen Gewinn

Insgesamt setzen die Konservativen nach dem Verlust von mehr als 60 Prozent ihrer Sitze im Februar nun alle Hebel in Bewegung, um wenigstens beim zweiten Urnengang noch ein paar Sitze dazuzugewinnen. Sie haben inzwischen feststellen müssen, dass die meisten der sogenannten Unabhängigen auch zum Lager der Reformer zählen.

Um ihre Wähler mobilisieren zu können, haben die Konservativen in letzter Zeit mit Kritik an der Regierung und den Wiener Atomvereinbarungen zwischen dem Iran und den internationalen Verhandlern nicht gespart.

Ihre verzweifelte Lage spiegelt sich auch in ihren Titelseiten: Drei konservative Zeitungen haben an einem Tag wörtlich die gleiche Coverstory über das Atomabkommen gedruckt, was den liberalen Zeitungen Anlass gegeben hat, spöttisch über sie zu schreiben. Die Medien im Iran haben sich in zwei Lager gespalten und jedes wirft der anderen Seite vor, nicht wahrheitsgetreu zu berichten.

"Man kann die Leute nicht mit Zwang umerziehen"

Die Kritik der liberalen Zeitungen macht auch keinen Halt vor vielen umstrittenen Entscheidungen, die offenbar ohne Wissen der Regierung durchgesetzt werden. Dazu zählt etwa der Aufbau einer Moralpolizei, die auf den unislamischen Umgang der Jugendlichen achten soll. Präsident Hassan Rohani kritisierte diese Entscheidung scharf. Er forderte die Moralapostel auf, mit solchen Maßnahmen endlich Schluss zu machen. "Wenn man kulturell etwas nicht erreicht hat, kann man die Leute mit Zwang nicht umerziehen", sagte er in einer vielbeachteten Rede am Mittwoch.

Auch manche den Konservativen nahestehende Zeitungen gingen scharf gegen die Aufstellung einer Moralpolizei vor. Sie stellten die Frage, wer diese Truppe organisiert, finanziert und kontrolliert. Wie bei fast allen Entscheidungen, die außerhalb gesetzlicher Bestimmungen getroffen werden und auf Widerstand in der Gesellschaft stoßen, glauben manche Blätter, dass auch diese bald auf Eis gelegt werden wird. "Was bleibt, ist eine enorme Rufschädigung des Irans im Ausland", schreibt die Zeitung "Hamshahri". (Amir Loghmany aus Teheran, 28.4.2016)