Wien – Das deutsche System mit Hartz IV (für Erwerbsfähige) und Sozialhilfe (für Nichterwerbsfähige) ist nicht ganz mit dem heimischen Sozialsystem vergleichbar. Angesichts der Debatte im Nachbarland gibt DER STANDARD aber einen Überblick darüber, unter welchen Voraussetzungen EU- und EWR-Bürger hierzulande Anspruch auf Sozialleistungen haben.
- Mindestsicherung: Anspruch auf Mindestsicherung haben EU- und EWR-Bürger nur dann sofort, wenn sie auch in Österreich arbeiten. Wer also nur ein geringes Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit hat, kann eine Teilleistung aus der Mindestsicherung beantragen – man spricht von den sogenannten Aufstockern.
Grundsätzlich gilt aber: EU-Bürger müssen sich selbst erhalten können. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann nach drei Monaten ein Ausweisungsverfahren eingeleitet werden (im Jahr 2013 passierte das beispielsweise rund 100 Mal). Wer aber bereits länger als fünf Jahre in Österreich wohnt, hat grundsätzlich einen normalen Anspruch auf Mindestsicherung. Hier gibt es also durchaus Parallelen zur jetzt in Deutschland geplanten Regelung.
Und was ist, wenn man einige Monate gearbeitet hat und dann arbeitslos wird? Dann gilt: War man weniger als zwölf Monate beschäftigt, kann man bis zu sechs Monate lang Mindestsicherung beziehen. Wer länger als ein Jahr einen Job hatte, kann grundsätzlich dauerhaft Mindestsicherung beziehen. Allerdings besteht dann ohnedies auch Anspruch auf Arbeitslosengeld. In der Praxis wird die Mindestsicherung in so einem Fall also nur beantragt werden, wenn das Arbeitslosengeld niedriger als die Mindestsicherung ist. Die Betroffenen können also die erwähnte Aufstockung beantragen.
Keine Unterschiede
- Arbeitslosengeld: Beim Arbeitslosengeld gibt es keinen Unterschied zwischen In- und Ausländern. Erstmals Anspruch auf Arbeitslosengeld erwirbt man, wenn man in den letzten zwei Jahren zumindest 52 Wochen lang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Wird man später neuerlich arbeitslos, reichen 28 Versicherungswochen im letzten Jahr. Bei Menschen unter 25 Jahren reichen generell 28 Versicherungswochen im letzten Jahr für den erstmaligen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
- Notstandshilfe: Anders als in Deutschland gibt es in Österreich nach Auslaufen des Arbeitslosengelds noch die Möglichkeit, Notstandshilfe zu beantragen. Auch hier wird nicht zwischen In- und Ausländern unterschieden. Voraussetzung ist, dass man arbeitsfähig und -willig ist und eine "Notlage" vorliegt.
Die Notstandshilfe kann bis zu 95 Prozent des Arbeitslosengeldes ausmachen, wird grundsätzlich für maximal ein Jahr gewährt, kann aber danach immer wieder beantragt werden. Zur Beurteilung der Notlage müssen die "gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse" des Arbeitslosen geprüft werden. Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld wird bei der Notstandshilfe also auch das Partnereinkommen berücksichtigt. (Günther Oswald, 28.4.2016)