Fahrscheinkontrolle: Bis zu 2.500 Flüchtlinge hatten für diese Situation zuletzt billigere VOR-Tickets. Diese gibt es nun nicht mehr.

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Wien – Bis Stadt Wien und Bund eine Einigung in Bezug auf ermäßigte Öffi-Tickets für Flüchtlinge erzielen, kann es noch dauern. Die Gespräche laufen. Für hunderte Flüchtlinge, die, unter anderem, für den Weg in den Deutschkurs Fahrscheine brauchen, erhält die Wartezeit mit Anfang Mai neue Brisanz: Bisher stellte der Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) auf Antrag von Hilfsorganisationen für bis zu 2.500 Asylwerber ermäßigte Monatstickets um rund den halben Preis aus. Diese Option fällt mit Anfang Mai aber weg.

Die NGOs wurden Anfang April darüber in einem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, informiert. Darin steht, dass der VOR diese "Projekttickets" seit zehn Jahren angeboten hat, etwa für Flüchtlinge, die einen Schulabschluss nachholten. Über Jahre seien monatlich rund 200 Fahrausweise beantragt worden, in den letzten Monaten seien es aber bis zu 2.500 gewesen. Das sei personell sowie finanziell nicht mehr tragbar, bestätigte dem STANDARD ein VOR-Sprecher – der anfügt, dass man das sehr bedauere. "Wir hoffen auf eine klare bundesweite Regelung", sagte dieser. Es brauche Berechtigtenausweise – so wie für Schüler – und eine entsprechende Finanzierung.

Raten zahlen wegen Strafe

Bei einer Hilfsorganisation heißt es, Mitarbeiter seien mit Flüchtlingen bereits bei den Wiener Linien wegen verhängter Strafen nach Schwarzfahren vorstellig geworden, um Ratenzahlungen zu vereinbaren. Zum Teil seien Asylwerber etwa mangels besseren Wissens oder mangels Gelds ohne Fahrschein gefahren, heißt es aus einer NGO. Mancher Flüchtling fahre mangels Tickets nun nicht mehr zum Deutschkurs.

In organisierten Flüchtlingsunterkünften erhalten Bewohner 40 Euro Taschengeld im Monat. Ein reguläres Monatsticket der Wiener Linien kostet 48,20 Euro. Bei den Wiener Linien heißt es auf Anfrage, wer ermäßigungsberechtigt sei, entscheide die Stadt, und bei Schwarzfahrern mache man keine Unterschiede.

Billiges Ticket als "Anreiz"

Geht es nach Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ), soll jeder Flüchtling in Wien bis Jahresende über eine Bildungscard verfügen, mit der die Teilnahme an Deutschkursen und Integrationsmaßnahmen digital erfasst wird. "Anreiz" soll eine vergünstigte Öffi-Monatskarte um vier Euro sein.

Für eine Einigung zwischen Bund und Ländern dazu stehe noch kein Datum fest, hieß es am Freitag aus dem Innenministerium. Derzeit werde eruiert, was von den Geldleistungen der Grundversorgung in Sachleistungen umgewandelt werden könnte.

Hohe Wogen im Gemeinderat

Die Öffi-Ticket-Preise für Flüchtlinge sorgten am Freitag im Wiener Gemeinderat für einen Schlagabtausch. FPÖ-Klubchef Dominik Nepp wollte von Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) wissen, welche Angebote es für "Wienerinnen und Wiener" gebe, die mit dem Vier-Euro-Ticket vergleichbar seien. Sima zählte etwa das Top-Jugendticket oder günstigere Fahrscheine für Senioren auf. Für die Frage, wer ermäßigt fahren darf, ist Simas Kollegin Sonja Wehsely zuständig. Gegen die rote Sozialstadträtin hatte die FPÖ das Einbringen eines Misstrauensantrags vorbereitet – auch wegen der Ausgaben für Integration.

Auch die Aktuelle Stunde widmeten die Blauen dem Thema Flüchtlinge. Nepp bezeichnete Wehsely dabei als "Kopf der Bande", wofür ihn Vorsitzender und FPÖ-Kollege Dietbert Kowarik rügte und um "klügere Worte" ersuchte. Die SPÖ warnte die Blauen davor, zu versuchen, die Bürger auseinanderzudividieren. Auch Gernot Blümel, Chef der ÖVP Wien, kritisierte Wehsely. Er forderte ihren Rücktritt: "Was die Scheuch-Brüder auf der rechten Seite waren, sind heute die Wehsely-Schwestern auf der linken." (Gudrun Springer, 29.4.2016)