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Curtis Scaparrotti wird neuer Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa und der Nato.

Foto: Reuters/Jeon Heon-kyun

Washington/Stuttgart – US-Verteidigungsminister Ashton Carter hat am Dienstag in Stuttgart das Kommando über die US-Streitkräfte in Europa an General Curtis Scaparrotti übergeben. Der 60-jährige Scaparrotti wird somit zugleich neuer Nato-Oberbefehlshaber, da der US-Befehlshaber für Europa stets diese Aufgabe hat.

Bei der Zeremonie im europäischen Hauptquartier der US-Truppen verband Carter seine Rede über die künftigen Aufgaben der Streitkräfte mit einer scharfen Warnung an Russland. Es liege am Kreml zu entscheiden, ob Moskau in der Isolation bleiben oder ein Partner sein wolle. Die USA seien nicht darauf aus, Russland zu einem Feind zu machen. "Aber macht keinen Fehler, wir werden unsere Verbündeten verteidigen", sagte Carter.

Komplexe Ausgangslage

Curtis Scaparrotti gilt als in eher ruhiger Mann mit festem Willen. Als oberster Befehlshaber der US-Streitkräfte in Europa (EUCOM) und der Nato (SACEUR) folgt Scaparrotti auf Philip Breedlove.

Curtis Michael "Mike" Scaparrotti (60) könnte in Europa kaum eine komplexere Ausgangslage vorfinden. Die Spannungen mit Russland sind groß, die Folgen der Flüchtlingskrise noch nicht abschätzbar, Nato-Truppen werden an ihre Ostflanke verlegt, mehr Manöver werden abgehalten und der Aufbau eines Raketenabwehrsystems steht an.

Sofortige Kampfbereitschaft

Seit Oktober 2013 führte Scaparrotti das US-Kommando in Südkorea. Eine Position, so heißt es in Washington, die ihn wie kaum eine andere für Europa qualifiziere. Wirksame Abschreckung, rasche Einsatzfähigkeit, die enge Zusammenarbeit aller Verbündeter, der Umgang mit Provokationen, eine nahe Atommacht, im Ernstfall der Verteidigungsfall – ein Training im Mikrokosmos sei das gewesen.

Allerdings ist das europäische Operationsgebiet allein wegen der 28 Alliierten ungleich komplexer und vielschichtiger.

Dass Scaparrotti nun von der weder politisch noch militärisch ruhigen koreanischen Halbinsel weggeholt wird, spricht nicht für ein friedliches Lagebild, das die USA von Europa haben. Eine Stärkung der Allianz, Herstellung und Erhalt sofortiger Kampfbereitschaft, so werden die wichtigsten Ziele beschrieben.

"Ist größte Herausforderungen gewohnt"

Nach verschiedenen Stationen kommandierte "Scap" Scaparrotti das Kadettencorps in der Militärakademie West Point und war Kommandant in der berühmten 82. Airborne Division. Bevor er nach Korea ging, war er unter anderem ISAF-Kommandeur in Afghanistan (2011-20012).

"Er hat in multinationalen Einsätzen in Korea und Afghanistan sehr viel Erfahrung gesammelt. Er ist größte Herausforderungen gewohnt", sagte Generalleutnant Ben Hodges, Kommandant der siebenten US-Armee, über den Neuen in Stuttgart und im belgischen Mons.

Als größte Schwäche in Scapparottis als vergleichsweise unauffällig beschriebenem Werdegang gilt seine mangelnde Erfahrung mit schwer gepanzerten Einheiten, die in Europa eine ungleich größere Rolle als in Korea spielen. Unter dem Kommando von EUCOM stehen 72.000 Soldaten.

Russland muss mit angemessenen Reaktionen rechen

Ein Scharfmacher ist Scaparrotti nicht. Vorgänger Breedlove neigte zum Markigen, sein Nachfolger nicht. General Guy Swan, Kamerad Scaparrottis, sagt: "Scapo ist ein ungewöhnlich leise auftretender, nachdenklicher und gebildeter General." Scaparrotti ist verheiratet, das Ehepaar hat zwei Kinder.

Im Pentagon ist Scaparrotti seit Jahren eine feste Größe. Als Direktor des Vereinigten Generalstabs der Streitkräfte hatte er permanenten Kontakt mit der zivilen und militärischen Führung des Hauses. Wegbegleiter Swan: "Das ist eine der Königsmacher-Positionen. Dort werden künftige Anführer identifiziert."

Im Kongress wurde Scaparrotti zu jüngsten gefährlichen russischen Flugmanövern in der Ostsee befragt. Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses John McCain: "Wie sollten wir auf diese krasse Verletzung internationalen Rechts antworten?" Die Antwort war eindeutig. Die Russen müssten mit angemessenen Reaktionen rechnen, wenn sie das Leben von US-Soldaten gefährdeten. Das kann als Beginn einer roten Linie verstanden werden, die Scaparrotti vor dem Hintergrund der wiederholten Manöver zieht. (APA, 3.5.2016)