Warum sich Zukunftsforscher Sorgen um Arbeitsplätze machen zeigt das Beispiel von IBM-Supercomputer Watson, hier als Roboter: 2011 besiegte er zwei menschliche Champions der Quizshow Jeopardy und sorgte damals für weltweite Schlagzeilen. Heute wird die selbst lernende Technik auch im Finanzwesen und der Gesundheitsforschung eingesetzt. Generell will IBM mit Watson künftig Muster in großen Mengen medizinischer Daten erkennen und helfen, Behandlungen individuell anzupassen. Mit "IBM Watson Health" wurde 2015 ein neuer Geschäftsbereich gegründet.

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Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird der eigene Job in Zukunft von Algorithmen oder Maschinen übernommen? Die britische BBC hat ein Tool programmiert, mit dem man es in wenigen Sekunden herausfinden kann. Die Berechnungen basieren dabei auf der Studie von Carl Benedikt Frey und Michael Osborne, wonach bis 2050 fast die Hälfte der US-Jobs automatisiert sein soll.

Screenshot: BBC.com

"Aufregung um die 'Maschinensteuer'", titelt Die Zeit. Österreichs Sozialminister sorgt mit einem Vorschlag für Aufregung, erfährt man in dem Text: Maschinen und Automaten verdrängten die Menschen in vielen Branchen immer mehr von ihren Arbeitsplätzen. Deshalb müsse man sich überlegen, ob Unternehmen mit besonders hoher Automatisierung nicht künftig für die wenigen Mitarbeiter, die sie noch haben, höhere Sozialbeiträge zahlen sollten.

Die Zeilen könnten von heute stammen, tatsächlich verfasst wurde der Text aber im Oktober 1983 – der Sozialminister hieß Alfred Dallinger (SPÖ).

Dramatische Prognosen

Heute gibt es einige Stimmen in die gleiche Richtung. Der Grund: Prominente Ökonomen rechnen vor, dass in den nächsten Jahrzehnten ein Großteil der heutigen Berufe nicht mehr existieren wird. Für das meiste Aufsehen sorgten Carl Benedikt Frey und Michael Osborne von der Universität Oxford: Bis 2050 würden laut ihren Berechnungen 47 Prozent der heutigen Berufe in den USA wegfallen, weil sie dann von Algorithmen, Maschinen oder Robotern erledigt werden.

Für Europa fallen die Zahlen nicht positiver aus: Ökonomen der deutschen Bank Ing-Diba wendeten die Methodik von Benedikt und Frey auf Deutschland an: Von 30,9 Millionen Beschäftigten, die sie für die Studie berücksichtigten, würden 18 Millionen in den kommenden Jahrzehnten ersetzt werden.

Auch beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos war die sogenannte vierte Revolution das große Thema. Die zum Auftakt präsentierte Studie besagt, dass bis 2020 weltweit mehr als fünf Millionen Jobs verlorengehen. Frauen seien dabei von diesem Wandel besonders betroffen, da sie dort, wo Experten noch Beschäftigungspotenzial sehen – rund um Computer- und Mathematikanwendungen -, noch immer unterrepräsentiert sind.

Die Aufregung ist groß. Viele Magazine titelten mit den arbeitsvernichtenden Robotern, die BBC programmierte ein Tool – basierend auf den Auswertungen von Benedikt und Frey -, das den Anwendern die Wahrscheinlichkeit ausspuckt, mit der ihr Job automatisiert wird.

Suche nach Rahmenbedingungen

Der Blick in die Zukunft fällt aber nicht immer gar so düster aus. Wo zunehmende Automatisierung, da auch Menschen, die die Maschinen überwachen und Fehler korrigieren müssen, merken viele Experten an. In anderen Berichten wird betont, dass sich viele Berufe nur wandeln werden, aber nicht komplett von der Bildfläche verschwinden.

Für einige Unternehmer, vor allem aus dem IT-Bereich, ist dieses "nur" aber Grund genug, grundsätzliche Richtungsänderungen in Bildung und sozialer Absicherung zu fordern. Während in den 80ern und 90ern viele Menschen Berufe fanden, die eine Dekade zuvor noch gar nicht existierten, kam diese Entwicklung in den Nullerjahren praktisch zum Stillstand. Bernd Leukert, Vorstand des Software-Unternehmens SAP, sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, auf die kommenden Veränderungen angesprochen: "Ich bin der Meinung, dass man die Bedingungen für ein faires Einkommen nicht der Wirtschaft überlassen sollte. Hier ist die Politik gefragt, den richtigen Rahmen zu setzen."

Wenn Arbeit obsolet ist

Auch im Silicon Valley zerbrechen sich einige Promis aus der Tech-Szene den Kopf über eine gesellschaftliche Architektur der Zukunft: Wie soll das Zusammenleben funktionieren, wenn Erwerbsarbeit obsolet geworden ist? Radikale Änderungen in der Steuerpolitik und vor allem ein Grundeinkommen sind die prominentesten Forderungen. Automatisierung sei keine arbeitsvernichtende Katastrophe, sondern eine Chance für die Gesellschaft, sich sinnvolleren Tätigkeiten zu widmen als stumpfsinniger Erwerbsarbeit, heißt es in den Plädoyers.

Panik vor Robotern und Maschinen sei übertrieben, technologischen Fortschritt solle man aufgrund von drohenden Verteilungsproblemen auf keinen Fall aufhalten, heißt es auch bei heimischen Experten. Das Feindbild Roboter funktioniert auch deswegen nicht, weil es sich gar nicht um so disruptive Technologien handelt, wie häufig behauptet wird. Noch ist die Hardware zu kompliziert und die Kosten für viele Unternehmen zu hoch.

Hebel in Bewegung setzen

"Wir können langfristig aber nur profitieren, wenn wir hier produzieren und nicht nach China auslagern", sagt Markus Vincze vom Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik der TU Wien. Gegen billige asiatische Arbeitskräfte komme man nur mit automatisierten Prozessen an. Die heimische Autoindustrie sei hier ein positives Beispiel, das international mitmischt. "Damit das auch in anderen Branchen möglich wird, müssen wir jetzt aber in Bildung investieren", sagt Vincze. Und zwar in die richtige, denn es bringe nichts mehr, den Kindern bestimmte Skills beizubringen. "In zehn Jahren ist wieder ganz etwas anderes gefragt." In Zukunft sei es vielmehr von Bedeutung, kreativ und vernetzt denken zu können. Aktuell sieht Vincze Österreich für die Umbrüche relativ gut gerüstet, "aber langsam müssen wir die richtigen Hebel setzen". (Lara Hagen, 9.5.2016)