Wissenschafter, Künstler und Science-Fiction-Autor: Herbert W. Franke.

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Vorläufer von "Matrix": Frankes Roman "Das Gedankennetz" aus dem Jahr 1961, nun wiederaufgelegt.

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Als Herbert W. Franke seine Karriere als Science-Fiction-Autor begann, las es sich noch wie eine Selbstverständlichkeit, wenn Raumschiffe mit einer Schreibmaschine an Bord durch die Galaxis flogen. Und natürlich lief der Schiffscomputer mit Lochkarten.

1961 veröffentlichte Franke mit "Das Gedankennetz" seinen ersten Roman – im selben Jahr, in dem die bis heute erscheinende Heftromanserie "Perry Rhodan" startete. Es waren zwei sehr unterschiedliche Meilensteine in der Wiedergeburt der deutschsprachigen Science Fiction, deren Wurzeln wie die der französischen bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg hatten hier jedoch zu einem totalen Bruch geführt, bis in den 1920er-Jahren geborene Autoren wie Franke zu Pionieren einer neuen SF-Generation wurden.

Virtuelle Welten

Franke ging dabei konsequent seinen eigenen Weg. Er betonte stets die wissenschaftlichen Aspekte von Science Fiction und pflegte dafür einen klaren, sachlichen Stil. Da Wissenschaft und Hinterfragung der Realität Hand in Hand gehen, erscheint es nur folgerichtig, dass Franke seinen Lesern geschickt den Boden unter den Füßen wegziehen konnte. Ob in "Gedankennetz" oder späteren Romanen wie "Sirius Transit" oder "Transpluto": Immer wieder finden sich Frankes Figuren mit dem Umstand konfrontiert, dass ihre Realität eine Simulation ist. Waren es anfangs noch chemisch induzierte Illusionen, so schrieb er später – parallel zum Voranschreiten elektronischer Technologien – von maschinell erzeugten virtuellen Welten: Vorläufer der Cyberpunk-Bewegung und der "Matrix"-Filmtrilogie.

Seit der Lochkartenära hat Franke ganze Generationen von SF-Autoren und Speichermedien kommen und wieder gehen sehen. Im Verlauf eines halben Jahrhunderts veröffentlichte der letzte der Pioniere neben seinen Sachbüchern zahlreiche Kurzgeschichten und knapp zwei Dutzend Romane. Die populärsten – wie "Zone Null" oder "Das Gedankennetz" – wurden mehrfach neu aufgelegt. Andere gilt es nun wiederzuentdecken: Der deutsche Kleinverlag p.machinery hat 2014 mit einer Gesamtausgabe von Frankes SF-Werk begonnen. Bis dieses Mammutprojekt abgeschlossen ist, wird sich die Welt schon wieder ein Stückchen weiterentwickelt haben – und Franke mit ihr. (Jürgen Doppler, 7.5.2016)