Das nach und von Wien geflogene Gütervolumen lag im Vorjahr bei knapp 200.000 Tonnen. Tendenz steigend. Um Speditionen und andere Logistikdienstleister anzulocken, werden hohe Summen in den Ausbau der einschlägigen Infrastruktur investiert.

Foto: Flughafen Wien AG

Wien – Die Bedeutung der Luftfracht befindet sich im Steigflug. Der Wert der beförderten Waren per Air Cargo liegt weltweit vor allen anderen Transportarten: Sechs Billionen Euro sind die Güter wert, die jährlich per Luftfracht um den Erdball geflogen werden.

So wurden beispielsweise in Deutschland im vergangenen Jahr Waren im Wert von 234 Milliarden Euro mit dem Flugzeug befördert. Das entspricht einer Steigerung von mehr als zehn Prozent im Vergleich zum Jahr davor.

Damit wird eine Entwicklung bestätigt, die seit 2007 anhält: Während der gesamte deutsche Außenhandel um 24 Prozent wuchs, stieg der Wert der per Luftfracht beförderten Waren im selben Zeitraum um 44 Prozent und somit fast doppelt so schnell.

Wien-Schwechat baut aus

In Österreich lässt sich die steigende Bedeutung der Luftfracht zwar nicht nach dem Warenwert, doch mit dem geflogenen Gewicht belegen. Mehr als 330.000 Tonnen Fracht wurden im Vorjahr auf Österreichs Flughäfen abgefertigt. Gegenüber dem Jahr 2014 war das laut der Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Verkehrsflughäfen ein Plus von 1,8 Prozent und verleiht der österreichischen Luftfrachtbranche Flügel.

Dabei spielt der Flughafen Wien-Schwechat im österreichischen Aircargo-Business unbestritten die erste Geige. Das Gros der österreichischen Luftfracht wird dort abgefertigt. Das nach und von Wien geflogene Gütervolumen lag im Vorjahr bei knapp 200.000 Tonnen.

Um für die Anforderungen der nahen Zukunft gewappnet zu sein, wird kräftig investiert: Das bestehende Luftfrachtcenter soll um eine Fläche von 13.000 Quadratmetern für den Luftfrachtumschlag erweitert werden. Wie Flughafen-Vorstand Günther Ofner bei der Vorstellung der Terminalpläne für den Flughafen kürzlich ankündigte, werden dafür 16 Millionen Euro allein für das Cargo-Investment in die Hand genommen.

Derzeit verfügt der Airport für die Luftfracht über ein Handling-Areal von rund 30.000 Quadratmetern. Expandiert wird, um Spediteuren und Airlines bessere Handling-Bedingungen auf dem Vorfeld zu bieten, heißt es. Aber auch, um der steigenden Nachfrage von weiteren niederlassungswilligen Unternehmen im Einzugsbereich des Flughafens optimale Bedingungen beim Zugang zum Cargo-Handling zu bieten.

Verzerrungen aus dem Nahen Osten

Der Ausbau ist notwendig, weil Luftfracht global ein Wachstumsmarkt ist und die Anforderungen an die Airports für den Frachtumschlag immer komplexer werden, wie Julian Jäger, Vorstandsmitglied des Wiener Flughafens, sagt. Als Standortkriterium für Spediteure, aber auch für Fluglinien mit hohem Frachtaufkommen ist die schnelle Frachtabfertigung wichtiger Bestandteil des globalen Warenversands.

Dies vor dem Hintergrund, dass im Luftfrachtgeschäft ein scharfer Wettbewerb herrscht: Fluglinien buhlen mit zahlreichen zusätzlichen Dienstleistungen um jedes Kilogramm Fracht. Im vergangenen Jahr wurden rund um den Globus knapp mehr als 51 Millionen Tonnen Güter als Luftfracht transportiert. Dabei fielen die Umsätze auf 52 Milliarden US-Dollar zurück (2011: 67 Mrd. US-Dollar).

Der Ausbau der Cargo-Kapazitäten in Schwechat ist Teil eines ambitionierten 500-Millionen-Euro-Investitionsprogramms in den Infrastrukturausbau auf dem gesamten Flughafenareal. Realisiert werden die Pläne bis zum Jahr 2023.

Seit Anfang dieses Jahres bietet der Flughafen auch ein Dokumenten-Handling an. Seit dem Vorjahr wird das Airport-City-Konzept forciert. Das bedeutet etwa, dass man sich nicht nur auf die eigene Logistikkompetenz Flughafen konzentriert, sondern darüber hinaus auch potenzielle Partner und Dienstleister anlocken will. So hat beispielsweise der Logistikriese Kühne + Nagel seine österreichische Unternehmenszentrale auf den Flughafen verlegt.

Mario Rehulka, Präsident des österreichischen Luftfahrtverbandes, sieht die Entwicklung für Luftfracht in Österreich positiv. Er verweist dabei auf Prognosen des World Cargo Forecast, demzufolge bis zum Jahr 2034 mit einem jährlichen globalen Wachstum von fünf Prozent beim Luftfrachttransport gerechnet wird.

"Das ist auch auf transkontinentalen Routen von und aus Österreich zu erwarten", sagt Rehulka. Obwohl die Flughäfen in Wien und Linz sichtbar in Luftfrachtumschlagsanlagen investieren, "sind wir im Vergleich zu staatlichen Flughäfen und Staatsfluglinien im Nahen Osten nur kleine Mitbewerber".

Auch im Report "Luftfahrt und Wirtschaft" des österreichischen Luftfahrtverbandes 2015 wird der Wettbewerbsnachteil der europäischen Länder gegenüber den staatlich regulierten Airports und Airlines in Dubai, Abu Dhabi, Doha und in der Türkei aufgezeigt. Die Perspektiven für Europas Airlines und Flughäfen seien keine rosigen, weil die Wettbewerbsbedingungen extrem unterschiedlich sind. (Josef Müller, 13.5.2016)