Innenminister Sobotka will strengere Regeln.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Die "derzeitige Situation" sei durch einen "Anstieg von Delikten" gekennzeichnet. Das mache "ressortübergreifend vielfältige Maßnahmen" notwendig, um den Kriminalitätszuwachs zu reduzieren, "sodass wir zu Jahresende nicht unsanft erwachen". So begründete Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Donnerstag die Notwendigkeit des "Aktionsplans Sicherheit Österreich".

Das Wort "Fremdenkriminalität", das ihm zuletzt einige Kritik eingebracht hatte, verwendete Sobotka nicht. Doch durch die Themen bei der gemeinsam mit Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) und dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, im Innenministerium stattfindenden Pressekonferenz war klar, dass es um Straftaten und -verdachte ging, die vor allem mit Nichtösterreichern in Verbindung gebracht werden.

Kleinkriminelle Ausländer

Deren Häufigkeit sei im heurigen Jahr gestiegen, und zwar vor allem im Bereich der Kleinkriminalität, also etwa bei Diebstählen, Raufereien und leichten Körperverletzungen, betonten Sobotka und Kogler. Damit bestätigten sie einen in weiten Teilen der Bevölkerung herrschenden Eindruck.

Statistisch belegbar ist dieser Trend derzeit allerdings nicht (siehe Infobox unten). Vor Jahresende werde es auch keinen verlässlichen Aufschluss geben, hieß es. Erst nach mehrfacher Nachfrage von Journalisten sprach Kogler von einem "Plus in Tausenderhöhe" im heurigen Jahr. Die Daten seien jedoch "noch unbereinigt".

Junge Männer im Fokus

Laut Kogler soll künftig bei der polizeilichen Prävention und Fahndung die Tätergruppe zwischen 14 und 40 Jahre alter Männer im Fokus stehen. Diese würden einen Großteil der wegen Kleinkriminalität Verdächtigen ausmachen. Gegenmaßnahmen brauche es auch auf gesetzlicher Ebene, sagte Sobotka. Etwa eine Ausweitung der Schubhaft: Künftig solle es möglich sein, Ausländer bereits nach einer strafrechtlichen Verurteilung erster Instanz in Anhaltezentren zu inhaftieren – wenn damit zu rechen sei, dass der oder die Betreffende vorhabe, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen.

Wie lang eine solche Anhaltung dann möglich sein soll, sagte der Minister nicht. Laut herrschender Rechtsmeinung muss die Anordnung von Schubhaft "verhältnismäßig" sein. Bei einer Anhaltung bis zu einem rechtskräftigen Urteil zweiter Instanz – was meist Monate, manchmal sogar Jahre dauern kann – wäre wohl von Unverhältnismäßigkeit auszugehen.

Meldeverpflichtung

Aus dem Justizbereich steuerte Brandstetter Pläne für eine Offensive für Haft im Heimatland durch Abschiebung verurteilter Straftäter bei. 32,67 Prozent aller Strafhäftlinge in Österreich seien Drittstaatsangehörige, 21,43 Prozent EU-Ausländer, referierte Brandstetter.

Um wiederum effektiver gegen die laut Sobotka zuletzt "augenfälligen" Fälle sexueller Belästigung von Frauen in der Öffentlichkeit vorzugehen – auch hier sprach der Minister nicht offen von Fremden – soll es künftig eine Meldeverpflichtung beim Tatverdacht der sexuellen Belästigung geben. Auch soll das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, sodass auch diesen Verdächtigen DNA-Proben abgenommen werden können. Derzeit ist das nur bei schwereren Sexualdeliktverdachten möglich.

Belehrungen für Sextäter

Diese Maßnahmen seien nötig, "weil viele Vergewaltiger davor bereits gelindere Straftaten gesetzt" hätten und es daher sinnvoll sei, sie rechtzeitig "zu belehren", sagte Kogler. Mit einem ähnlichen Vorgehen habe man etwa gegen Hooligan-Kriminalität Erfolge verzeichnet.

Maria Rösslhumer, Chefin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, hält eine Meldeverpflichtung inklusive Belehrungen "für sinnvoll", das allein helfe "aber noch nicht". Wichtig sei vor allem, dass Polizei und Justiz künftig enger zusammenarbeiten: "Gewalttäter auf freiem Fuß begehen immer wieder schwere Straftaten, weil ihre Gefährlichkeit falsch eingeschätzt wurde", sagt Rösslhumer.

Der Justiz müssten zur Beurteilung jedenfalls alle Fakten vorliegen, und die vermeintlichen Täter öfter in U-Haft genommen werden, fordert Rösslhumer. Sie warnt allerdings vor einer Vorverurteilung von Flüchtlingen und Ausländern: "Die Politik sucht derzeit nach Argumenten für Abschiebungen." (Irene Brickner Katharina Mittelstaedt, 12.5.2016)