Der US-Außenminister John Kerry (Mitte) und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow (links) beraten mit dem Präsidenten Aserbaidschans, Ilham Alijew, (recht) und dem armenischen Präsidenten Serzh Sarksyan (Zweiter von links) in Wien.

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Wien/Stepanakert – Im Konflikt um die Kaukasusregion Berg-Karabach (Nagorny-Karabach) haben sich die Präsidenten von Armenien und Aserbaidschan auf die Einhaltung einer neuerlichen Waffenruhe geeinigt. Serzh Sarksyan (Sersch Sarkissjan) und Ilham Aliyev (Ilham Alijew) vereinbarten dies am Montag bei einem Treffen in Wien unter Vermittlung der USA, Russlands und Frankreichs. Laut der in Wien veröffentlichten gemeinsamen Erklärung wollen sie sich im Juni zu weiteren Gesprächen treffen. Wo diese stattfinden werden, ist bisher noch offen. USA und Russland betonten, dass die Vereinbarungen der Waffenruhe von 1994 und 1995 unbedingt eingehalten werden müssten.

Allerdings gab Aserbaidschans Verteidigungsministerium am Dienstagmorgen bekannt, dass bei einer Verletzung der Waffenruhe ein aserbaidschanischer Soldat getötet wurde. Aus Bergkarabach hieß es bereits kurz nach Mitternacht – also ungefähr zum Zeitpunkt, als die neue Waffenruhe vereinbart wurde –, ein Soldat sei durch Schüsse aus Aserbaidschan getötet worden.

Mehrtägige Kämpfe im April

Bei dem Treffen am Montagabend in Wien handelte es sich um die erste Zusammenkunft der beiden Präsidenten, seit der Konflikt um Berg-Karabach Anfang April einmal mehr eskaliert war. Bei mehrtägigen Kämpfen wurden mindestens 110 Soldaten und Zivilisten beider Seiten getötet. Am 5. April wurde schließlich unter russischer Vermittlung ein Waffenstillstand vereinbart. Die Verhandlungen über den Status der Region brachten in den vergangenen Jahren bisher keine Klärung.

Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan streiten seit vielen Jahren um die Region Berg-Karabach. Proarmenische Rebellen hatten das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Gebiet, das zu Sowjetzeiten Aserbaidschan zugeschlagen worden war, Ende der 1980er-Jahre mit Eriwans Unterstützung unter ihre Kontrolle gebracht.

Stellvertreterkonflikt befürchtet

Befürchtet wird auch ein Stellvertreterkonflikt im Südkaukasus zwischen Russland und der Türkei. Russland ist seit dem Zerfall der Sowjetunion Schutzmacht Armeniens und unterhält eine Militärbasis und einen Luftwaffenstützpunkt im Land. Die Türkei unterstützt Aserbaidschan.

Eskaliert sein dürfte der eingefrorene Konflikt aber nicht zuletzt auch wegen der schwierigen Wirtschaftslage Aserbaidschans, das seit dem Verfall des Ölpreises wirtschaftlich massiv unter Druck steht. Zu Beginn des Jahres gab es bereits Proteste gegen das Regime von Präsident Ilham Alijew.

Die Entschärfung und Beilegung des Konfliktes um Berg-Karabach ist auch für Europa wichtig. Es geht um Gas- und Öllieferungen aus Aserbaidschan und Kasachstan über die Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline. (red, APA, 17.5.2016)