Berchtesgaden ohne den Watzmann, das wäre wie Zermatt ohne das Matterhorn: gewiss ein hübscher Tourismusort, aber das i-Tüpferl am Horizont würde fehlen. Es ist ein Bergmassiv wie ein Gebiss, bestehend aus den felsigen Milchzähnen der Watzmannkinder und den spitzen Hauern des Watzmanns sowie der Watzmannfrau – der Legende nach eine ehemalige Königsfamilie, zur Strafe kollektiv in Stein verwandelt. Das Delikt: allzu garstige Untertanenunterdrückung. Kaum eine Berchtesgadener Ansichtskarte kommt ohne die markante Silhouette aus.

Eine Etage über dem Kurort lassen sich sogar zwei klassische Berchtesgadener Postkartenmotive auf einer Halbtageswanderung ansteuern: die Wallfahrtskirche Maria Gern und der vermutlich schönste Watzmannblick – jener von der Kneifelspitze, dem kleineren Hausberg von Berchtesgaden. Nicht einmal 1200 Meter ist die Kneifelspitze hoch, aber ungemein günstig gelegen. Die Konsequenz: ein erstklassiges Rundumpanorama.

Ufos? Nein, ganz gewöhnliche Föhnfische schweben über dem Watzmann.
Foto: Uwe Grinzinger

Wir starten oberhalb von Berchtesgaden, bei der Wallfahrtskirche Maria Gern. Zwischen ihr und dem Gasthof Maria Gern geht es auf einer Asphaltstraße sehr steil nach oben, ehe wir diese in einer Linkskehre geradeaus verlassen. Auf einem breiten Wanderweg gelangen wir zur Wegkreuzung, an der der Abstecher zum Aussichtspunkt Marxenhöhe abzweigt. Der Umweg beansprucht nur wenige Minuten, sei aber jedem Wanderer eindringlich empfohlen.

Bierfahne auf dem Gipfel

Ab der Wegkreuzung folgen wir den Tafeln "Kneifelspitze über Kneifellehen". Es geht über eine Wiese und durch ein Waldstück, danach erreichen wir die Kneifellehen-Wiese in herrlicher Lage. Wer genau aufpasst, bemerkt schon hier unten die "Bierfahne", die einem verheißungsvoll vom Gipfel entgegenweht. Es handelt sich um eine Werbetextile für das Berchtesgadener Hofbräu, die dort oben im Wind flattert.

Maria Gern mit Watzmann
Foto: BGLT GmbH

Unmittelbar nach dem Haus auf dem Kneifellehen folgen wir nicht der Tafel "Kneifelspitze" nach links, sondern queren den Hang nach rechts (Achtung: keine Wegtafel!) und spazieren hinüber zum Gehöft Kasperl. Unter dem Hof vorbei zu einer Straße und auf ihr nach links. Nun auf der teilweise gehörig steilen Straße (Tafeln: "Kneifelspitze, Paulshütte") weiter auf den Gipfel der Kneifelspitze samt vielgerühmtem Panorama. Das genießt man ganz bequem von der Aussichtsterrasse der Paulshütte, die rund zehn Monate im Jahr geöffnet hat.

Im Zickzack zurück

Vom Gipfel steigen wir auf der Straße wieder knapp 50 Höhenmeter hinunter. Dann biegen wir rechts ab (Tafel: "Maria Gern über Lauchlehen"), gehen im Zickzack und in zahlreichen Serpentinen auf einem Wanderweg nach unten. Später auf einem Karrenweg linkshaltend zur Kneifel lehen-Wiese. Dort scharf rechts (Tafel "Maria Gern, direkter Abstieg über Lauchlehen") und hinunter zur Lauchlehen-Wiese und deren Parkplatz. Von dort auf geht es auf der Asphaltstraße zurück bis zum Ausgangspunkt. (Uwe Grinzinger, 20.5.2016)