Abschlussbankett der Konferenz in Nanjing, bei der es uns auch kulinarisch an nichts fehlte. Links im Bild die russischen und chinesischen Kollegen beim traditionellen ausgiebigen Ritual des Trinksprücheaussprechens.

Foto: Hans Reschreiter

Eines der vielen faszinierenden Objekte im Nanjing-Museum: eine zeremonielle Rüstung aus Jadeplättchen, in der der Herrscher bestattet wurde (Han-Dynastie, 1.-2. v. Chr.).

Foto: Hans Reschreiter

Die weltberühmten Terrakottasoldaten. Insgesamt wurden bisher sechs verschiedene Vorlagen für die Gesichter identifiziert.

Foto: Michaela Binder

Fragmentierte Kriegerstatuen im originalen Fundzustand.

Foto: Michaela Binder

Viele der Terrakottakrieger trugen verschiedene Waffen. Hier eine hölzerne Armbrust und Pfeile mit Bronzespitzen nach der Freilegung.

Foto: Michaela Binder

Gruppenbild mit Restauratorin Barbara Rankl vor der großen Halle mit den Terrakottakriegern ("Pit 1").

Foto: Michaela Binder

Die nächsten beiden Beiträge kommen wieder aus einer etwas exotischeren Gegend, jedoch diesmal nicht von einer laufenden Grabung wie in Amara West, sondern von einer Konferenzreise. Auch das ist Teil des wissenschaftlichen Alltags, doch selten hat man das Glück, dass es einen nach China verschlägt. Gemeinsam mit den Bloggern Hans Reschreiter und Kerstin Kowarik sowie einigen weiteren Wiener Kolleginnen und Kollegen ging es vergangene Woche zur zweiten internationalen Konferenz "Archaeology and Conservation along the Silk Road" nach Nanjing. Organisiert wurde die Konferenz von der Universität Nanjing in Kooperation mit meiner Arbeitsstelle, dem ÖAI, der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie dem Eurasia-Pacific University Network.

Kontakte zwischen Ost und West

Entsprechend dem Titel waren Kontakte zwischen Ost und West zentrales Thema der Konferenz, sowohl in den Präsentationen als auch abseits davon. 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus China, Russland, dem Iran, England, Deutschland und Österreich berichteten zwei Tage lang über ein breites Spektrum an archäologischer Forschung sowie Restaurierung und Konservierung von Bodenfunden, Textilen, Büchern und Wandmalereien an Fundstätten zwischen Nanjing im äußersten Osten und Ephesos am westlichen Ende der Seidenstraße.

Mein eigener Beitrag befasste sich mit der Ausbreitung von Menschen und Krankheiten entlang der Seidenstraße und wie diese anhand von menschlichen Skelettresten aus archäologischen Ausgrabungen durch moderne naturwissenschaftliche Analysen wie DNA und stabile Isotope nachgewiesen werden können. Fokus des Vortrags von Hans Reschreiter war insbesondere der konservatorische Aspekt der organischen Funde aus dem Bergwerk von Hallstatt, da sich hier zahlreiche methodische Überschneidungspunkte mit dem archäologischen Fundmaterial Zentral- und Ostasiens ergeben. Dieses zeichnet sich, ermöglicht durch hohe Feuchtigkeit etwa in Kammergräbern an der mongolischen Grenze, durch die Erhaltung von Gegenständen aus Holz, Textil oder Lack wie beispielsweise Wägen, hölzernem und mit Lack dekoriertem Geschirr, Waffen und Kleidungsstücken, aber auch Speiseresten aus. Diese führen uns auch vor Augen, wie gering unser Einblick in das Leben in der Vergangenheit in Europa in den meisten herkömmlichen Fundsituationen ist und wie viel uns durch das Fehlen organischer Reste möglicherweise entgeht.

Sightseeing in Xi'an

Wenn man dann also schon in China ist, bietet es sich an, zumindest ein paar der zahllosen großartigen archäologischen und kulturellen Stätten des Landes zu besuchen. Unser erstes Ziel ist Xi'an im Zentrum Chinas. Als einstiger Endpunkt der Seidenstraße war die Stadt bis zum Niedergang der Tang-Dynastie um 904 fast tausend Jahre lang Hauptstadt des Landes. Sie zog Händler, Reisende, Gelehrte, Handwerker, Mönche und andere Reisende aus allen Teilen Eurasiens an, die die Stadt zu einem einmaligen Schmelztiegel der Kulturen machten und deren Einfluss auch heute noch in Stadtbild, Architektur, Kunst und Küche zu sehen ist.

Besonders das Viertel der muslimischen Einwohner mit einer der größten Moscheen Chinas aus der Ming-Zeit (1368–1644) macht das deutlich. Vom ehemaligen Glanz ist in der heute 8,7 Millionen Einwohner zählenden Industriestadt jedoch nur mehr sehr wenig vorhanden. Trotzdem zieht die Stadt im Jahr Millionen Touristen an, denn im Großraum Xi'an befindet sich unter zahllosen archäologischen Stätten wohl eine der weltweit berühmtesten, das Mausoleum des Kaiser Qin Shi Huang mit den Terrakottakriegern, das zwischen 246 und 208 vor heute erbaut wurde.

Faszinierende Terrakottakrieger

Angeordnet in langen Reihen wurden dem Kaiser nach Schätzungen von Archäologen eine Armee von 8.000 lebensgroßen Tonstatuen von Soldaten verschiedenster Ränge und Waffengattungen sowie Streitwägen und Pferde zum Schutz im Leben nach dem Tod mitgegeben. Diese befinden sich in drei Gruben östlich des bis heute unausgegrabenen Grabmals, von denen die größte, "Pit 1", 230 mal 62 Meter misst und den Großteil der Armee mit etwa 6.000 Soldaten enthält. Die Gruben können auf umlaufenden Gängen besichtigt werden, obwohl sich das aufgrund der Masse an – hauptsächlich chinesischen – Touristen nicht unbedingt einfach gestaltet.

Obwohl die archäologische Forschung an den Kriegern bereits 1978 begonnen hat, sind die Ausgrabungsarbeiten nach wie vor im Gang. So können wir während unseres Besuchs auch die Freilegung und Konservierung mehrerer hölzerner Armbrüste und Köcher mit Pfeilen beobachten. Auch die Restaurierung der zumeist stark fragmentierten Terrakottakrieger findet zumindest teilweise vor Ort vor den Augen der Besucher statt. Der Anblick dieser großen Armee an sehr lebensnahen Figuren ist absolut überwältigend und faszinierend. Sehr zum Leidwesen unseres Taxifahrers, den wir erst mit dreistündiger Verspätung wiederfinden.

Wenige Archäologen, viele Fundstätten

Die Arbeiten am Mausoleumskomplex sowie generell an den archäologischen Stätten Chinas befinden sich zum allergrößten Teil in chinesischer Hand. Gerade im wissenschaftlichen Bereich, besonders der Restaurierung, wird jedoch verstärkt die Kooperation mit westlichen Instituten gesucht. Obwohl wir auch in den beiden größten archäologischen Museen Xi'ans das Glück haben, von einer Restauratorin des Shaanxi Institute for Archaeology geführt zu werden, ist ein Einblick in die Organisation der chinesischen Archäologie auch aufgrund der sprachlichen Barrieren nicht einfach.

Schnell jedoch wird klar, dass eine nur geringe Anzahl von Archäologen in staatlichen Institutionen einer überwältigen Anzahl an Fundstätten gegenübersteht. Allein in der Provinz Shaanxi gibt es etwa 30.000. Offiziell muss vor jedem Bauvorhaben das Grundstück auf archäologische Funde untersucht werden. In der mehr als 2.000 Jahre alten Stadt Xi'an alleine hat sich die Bevölkerung in den vergangenen zehn Jahren jedoch auf fast neun Millionen etwa verdoppelt. Man kann sich ausmalen, wie viele Archäologen es brauchen würde, um dem dadurch entstehenden Bauboom gerecht zu werden. (Michaela Binder, 27.5.2016)