New Deal! Die Ansage ist also gemacht, und Kanzler Christian Kern hat tatsächlich frischen Wind in Österreichs Politik gebracht. Mit seinem ÖVP-Pendant Reinhold Mitterlehner will er Opposition und Experten an der Umsetzung von wichtigen Reformen beteiligen. Dieses Vorhaben ist sehr zu unterstützen.

Die Aufgabe der Opposition ist es freilich, die Regierung zu kontrollieren. Aber niemand hätte etwas dagegen, wenn FPÖ, Grüne, Neos oder das Team Stronach auch aktiv an Problemlösungen arbeiten, anstatt sich mit abgedroschenen Sprüchen aus dem Handbuch für oppositionelle Rhetorik an der endgültigen Zerstörung des Vertrauens in die Politik zu beteiligen.

Beginnen wir mit der FPÖ. Sie ist nicht das Opfer, als das sie sich gerne präsentiert. Sie erreicht einen beträchtlichen Anteil der Bevölkerung, wenngleich man von der "Hälfte der Österreicher", wie es Heinz-Christian Strache großzügig aufrundet, noch weit entfernt ist. Sie ist mitverantwortlich für die Stimmung im Land. Wenn Strache nun die Einladung der Regierung zur Mitarbeit nicht annehmen sollte, dann stellt er sich auf ein Abstellgleis, das seine Ambitionen auf Gestaltung infrage stellt. Parteiintern ist es nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen einer Obmanndebatte, die aktuell lautstark dementiert wird, Norbert Hofers Eigenschaft, ausgleichend zu wirken, künftig gefragter ist als die Brachialattacken seines Parteifreunds.

Der designierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigt sich bezüglich der Angelobung eines europafeindlichen Strache weiterhin ablehnend, auch der künftige SPÖ-Chef Kern schließt derzeit eine Zusammenarbeit mit einer Strache-FPÖ aus. Der Druck auf den Möchtegernkanzler ist also gehörig gestiegen.

Auch die Grünen sollten sich nicht auf den Lorbeeren der Bundespräsidentschaftswahl ausruhen. Van der Bellen wurde schließlich von einer Mischung aus Wählern aller Parteien in die Hofburg gebracht. Eva Glawischnig, die Strache im Konstruktivitätsvergleich ohnehin um Lichtjahre voraus ist, sollte Kerns und Mitterlehners Einladung als Chance sehen, sich als Gestalterin zu profilieren.

Die Neos, deren Parteichef Matthias Strolz eigentlich gerne über Parteigrenzen hinweg arbeitet, sollten mit dem Problemlösungs-Schulterschluss am wenigsten Probleme haben. Allerdings verfällt auch er manchmal in ein parteipolitisches Gehabe, etwa indem er jetzt Neuwahlen fordert, bevor der Versuch eines Neustarts, zu dem er besser seinen Beitrag leisten sollte, unternommen wurde.

Beim Team-Stronach-Verbleibsel Robert Lugar dürfte Hopfen und Malz verloren sein, aber man soll die Hoffnung nie aufgeben.

Stichwort Hoffnung: Der ehemalige Präsident des Rechnungshofs, Franz Fiedler, hat sich bezüglich der Erfolgschancen eines New Deal äußerst skeptisch gezeigt. Wichtige Reformen seien bisher immer wieder verschleppt worden, obwohl Lösungen schon vorgelegen seien. Gescheitert sei man vor allem am "Mauern der Länder", die keine Kompetenzen an den Bund abgeben wollten.

Wenn es Kern und Mitterlehner also schaffen sollten, die Opposition zur Mitarbeit zu bewegen, dann ist das nur ein Teil des Deals. Nur über eine Miteinbeziehung von Pröll, Niessl, Häupl und Co kann die Regierung Verbesserungen bei ihren Schwerpunkten von Arbeitsmarkt über Bildung bis Integration erzielen. Denn gegen den Widerstand der Landeskaiser ist jener der Opposition ein Lercherl. (Rainer Schüller, 27.5.2016)