Der Sieger: Vincenzo Nibali.

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Turin – Die italienischen Radsport-Fans fühlten sich an den großen Fausto Coppi erinnert. Mit unbändigem Durchhaltewillen riss Vincenzo Nibali wie der "Campione" 1953 mit einem sagenhaften Endspurt das Rosa Trikot des Giro d'Italia noch an sich. Der 31-Jährige gewann die am Sonntag in Turin beendete 99. Auflage vor Esteban Chaves (COL/+0:52 Min.) und Alejandro Valverde (ESP/+1:17).

Der Schlussabschnitt ging nach 163 Kilometern an den Deutschen Niklas Arndt, der erste große Erfolg seiner noch jungen Karriere. Der Giant-Teamkollege des Österreichers Georg Preidler profitierte von einer Rückversetzung von Giacomo Nizzolo wegen einer Behinderung. Für den italienischen Trek-Profi wäre es nach neun zweiten Plätzen der erste Giro-Etappensieg gewesen.

Der Sizilianer Nibali ließ mit seinem Vorstoß bei der letzten Bergwertung der 99. Auflage am Samstag den führenden Chaves hinter sich und machte seinen zweiten Triumph nach 2013 perfekt. Der "Hai von Messina" gehört zur elitären Gruppe von nur sechs Radprofis, die alle drei großen Landesrundfahrten gewonnen haben. Nibali hat auch in der Tour de France 2015 und in der Vuelta a Espana 2010 triumphiert.

Der Astana-Kapitän, der vor dem Finale schon geschlagen schien, zeigte auf den zwei schwierigen Etappen in den Westalpen groß auf. Nibali profitierte auch vom Pech des Steven Kruijswijk, der im Rosa Trikot am Freitag in einer Abfahrt gegen eine Schneewand prallte, beim folgenden Überschlag eine Rippe anbrach und danach auf den vierten Gesamtrang (+1:50) zurückfiel, während er selbst in Risoul seinen einzigen Etappensieg feierte. Dem Kolumbianer Chaves war Nibalis Tempo auf der dritten und letzten Bergwertung am Samstag schließlich zu hoch.

Nibali, 1,81 m groß und 64 kg leicht, schlüpfte unter Tränen am Samstagabend erstmals ins Rosa Trikot und sprach vom "vielleicht schönsten Sieg meiner Karriere". Wer am meisten leiden könne, erreiche die größten Erfolge, sagte der italienische Meister nach dem 69. Gesamtsieg eines Lokalmatadors.

Die Österreicher setzten sich gut in Szene, der erhoffte erste Etappensieg eines ÖRV-Profis gelang aber nicht. Am nächsten dran waren der Steirer Georg Preidler und der Vorarlberger Matthias Brändle. Der 25-jährige Preidler führte auf der Königsetappe nach Corvara (14. Abschnitt) bis kurz vor dem Ziel, musste sich im Dreiersprint aber schließlich hinter Chaves und Kruijswijk mit dem dritten Rang begnügen. Mit weiteren Top-Ten-Plätzen brachte sich der Gesamt-26. (+1:08:05) aus dem Team Giant auch im Rennen um einen der zwei österreichischen Olympia-Startplätze in eine ausgezeichnete Position.

Der 26-jährige Brändle wurde im Einzelzeitfahren zehn Sekunden hinter dem Sieger Primoz Roglic (SLO) Zweiter. Der IAM-Profi gab nach der 14. Etappe auf, um sich auf die weiteren Ziele vorzubereiten. Nach der Luxemburg-Rundfahrt (ab Mittwoch) bestreitet der Ex-Stunden-Weltrekordler die Tour de Suisse. Riccardo Zoidl (Trek/Gesamt-39.) und Stefan Denifl (IAM/52.) verbuchten in Ausreißergruppen Teilerfolge. (APA, 29.5.2016)

99. Giro d'Italia, Sonntag

21. Etappe (Cuneo – Turin/163 km):

1. Niklas Arndt (GER) Giant 3:48:18 Stunden
2. Matteo Trentin (ITA) Etixx
3. Sacha Modolo (ITA) Lampre
4. Alexander Porsew (RUS) Katjuscha
5. Sean de Bie (BEL) Lotto
6. Iwan Sawizki (RUS) Gazprom-Ruzvelo

Weiters:
67. Riccardo Zoidl (AUT) Trek 11:55
92. Georg Preidler (AUT) Giant
109. Stefan Denifl (AUT) IAM alle gleiche Zeit

Gesamtwertung:
1. Vincenzo Nibali (ITA) Astana 86:32:49 Std.
2. Esteban Chaves (COL) Orica 0:52 Min.
3. Alejandro Valverde (ESP) Movistar 1:17
4. Steven Kruijswijk (NED) LottoNL 1:50
5. Rafal Majka (POL) Tinkoff 4:37
6. Bob Jungels (LUX) Etixx 8:31
7. Rigoberto Uran (COL) Cannondale 11:47
8. Andrey Amador (CRC) Movistar 13:21
9. John Darwin Atapuma (COL) BMC 14:09
10. Konstantin Siwzow (BLR) Dimension Data 16:20

Weiters:
26. Preidler 1:08:05
39. Zoidl 1:57:12
52. Denifl 2:21:34

Aufgegeben auf 14. Etappe:
Matthias Brändle (AUT) IAM

Punktewertung:
1. Nizzolo 205

Bergwertung:
1. Mikel Nieve (ESP) Sky 152

Weiters:
4. Denifl 109