Foto: Guido Gluschitsch
Grafik: der Standard
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Den Typ kennt man doch? Richtig, die 911-Silhouette zählt zu den bekanntesten der Welt.

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Dieses Auto hat einen einzigen Mangel: Es gibt keinen Sonnencremeauftragsassistenten. Spielt keine Rolle, weil bei unserem Friaul-Supertest ohnehin immer die adriastationäre schwarze Wolke unser harrt? Von der kalten Sopherl extra spaßbremsend für uns dort positioniert, damit wir oben an der Castelmonte-Wand kilometerweise Küchenrolle zum Autoputzen brauchen? Im Prinzip richtig. Aber heuer falsch, denn durchs frühe Osterfest verschob sich unser Einsatz von Mitte auf Ende Mai (Frühsommer!), woraus schon am Anreisetag resultierte: roter Plutzer. Denn wer hatte kein Kapperl mit? Dummheit gehört gestraft.

Am Bild pilotiert Kollege Völker den 911er. Ohne roten Plutzer. Dafür mit Kapperl.
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Porsche 911 Carrera 4S Cabrio. Es gilt der kategorische Superlativ. Manche sind überhaupt der Meinung, es könne nur einen geben, und wir wollen nicht allzu heftig widersprechen. Der 911er ist maximal unpeinlich, ist der Inbegriff des Sportwagens, ewig jung, sich ewig treu, setzt in jeder Generation erneut die Maßstäbe im seriösen Sportwagenbau. Lässt sich fahren von jedem Laien, aber auch von Walter Röhrl. Und jede/jeder, die/der einmal in einem Porsche gesessen ist, ist infiziert für den Rest seines natürlichen Lebens.

Murtal und Turrach

"Papa, schau, ein Porsche!", ruft der Bub dem Papa zu, beide erstarren in andächtiger Betrachtung. Passiert das in Wien auf dem Zebrastreifen (gleich öfter), kann leicht eine Verzögerung bei der Anreise ins Collio entstehen. Immerhin, überland geht’s zügiger vonstatten, trotz etlicher Baustellen auf der Murtal-Schnellstraße, dann im gestreckten Galopp rauf die Turrach, unten, in Bad Kleinkirchheim wartet vielleicht schon der Peter beim Kaiserschmarren – doch nein, ergibt ein Kontrollanruf, er ist es, im Mini, der ein wenig Zeit hat liegen lassen. Nur net hudeln.

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Turrach? Da haben wir erstmals mit dem Textildach – es lässt sich auch rollend, bis zum Stadttempolimit, öffnen – gespielt; und mit dem Drehknopferl, das die Porscheaner neuerdings nach Vorbild 918 Spyder sämtlichen 911ern ins Lenkrad setzen. Vierteldrehung nach rechts aktiviert den Sportmodus (mit einer weiteren ist man in Sport+), und man fragt sich nicht: Was war das dann bisher? Aktiviert auch die ganze orchestrale Klangfülle, juchhe, juchheißassa.

Vom Sauger zum Turbo

Und stopp, hier halten wir kurz inne, denn wenn die Umstellung vom 3,4-Liter-Sauger auf den 3,0-Liter-Turbo-6-Zylinder-Boxer irgendwo eine klitzekleine Einbuße mit sich gebracht hat, dann da. Ist aber insofern wurscht, als man nicht stets zum Vergleich die bisherige Soundkonserve parat hat. Passt schon, das neue Klangbild.

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Vor allem aber passt die Maschine. Der Zusatz "S" verweist darauf, dass uns statt der Basisversion mit 370 PS jene mit 420 PS anvertraut ward, S wie Supertest oder so, und dass mehr immer mehr ist, gilt auch für die neuen Porsche-Turbos. Lässt die Sauger von früher regelrecht alt aussehen hinsichtlich Leistungsentfaltung. Wenn irgendwer kein Turboloch kennt, dann der hier. Wobei, den Verbrauch glaubt auch keiner. Mit 9,1 l_/_100 km waren wir angereist gekommen, im forschen Friaul-Einsatz rückte die Elfermarke nahe, zurück in Wien, nach dem Abschiedsespresso in Grado, waren wir wieder runter auf knapp über neun. Passt.

Aktives Fahrwerk

Nervös, fahrig? Ist der 911er so was von überhaupt nicht. Souverän ist der passende Terminus. Auch beim Fahrwerk, da ist PASM das Kürzel zum Merken: Porsche Active Suspension Management, mit zwei manuell wählbaren Dämpferkennungen. Weiters an Bord: PDK. Porsche Doppelkupplungsgetriebe. Au tomatisch die sieben Gänge wählen lassen oder selbst wählen per Schaltknauf oder Lenkradwippen, was auch immer, wie auch immer, wer braucht da noch die (ebenfalls 7-Gang-)Handschaltung? Wir. Wirklich. Nicht. Der Vierer vor dem S (4S) verrät, dass wir es mit der Allradversion zu tun haben, das bringt nicht nur psychologisch ein zusätzliches Maß an Sicherheit in draufgängerischen Momenten.

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Deren ergaben sich unten im schönen Collio die Menge, und halt, jetzt haben wir ganz verabsäumt, die restlichen fünf Freunde über den Emotionsdreh(er) im Lenkrad zu informieren. "Alle mal herhören: Wer es nicht weiß (das sind außer unserem Driftchef Guido alle), damit entfesselt ihr den Porsche erst richtig artgerecht", und dann entfesseln sie. Der Michael. Der Rudi. Der Peter. Der Guido sowieso. Auch der Armin.

Rot wie der Mustang

"Rrrooaarrr" hallte und schallte es in den Wäldern und verklang dort rotzig brabbelnd wieder, die Bäume neigten ehrerbietig ihre frisch begrünten Laubkronen, die Carabinieri hielten weiter Siesta, in der Smiley-Wertung zog der Zuffenhausener mit dem wilden Mustang gleich. Und unsereins im Teint mit dessen Lack. Winnetou ist wieder da. (Andreas Stockinger, 7.6.2016)

ZWEITE MEINUNG

Du setzt dich hinein, rückst den Sitz zurecht und weißt es genau: Das ist der 911er. Der Sechszylinder-Boxermotor, inzwischen schon lange wassergekühlt, macht ein unbändiges Kraftpaket aus dem Wagen, und das Doppelkupplungsgetriebe kommt einerseits einer völligen Neuerfindung des 911er gleich, andererseits passt es so sehr zu seinem ursprünglichen Charakter, dass es Zeit wird, dem alten Rührstab in der Mitte keine Träne mehr nachzuweinen, auch wenn es den noch immer gäbe. (Rudolf Skarics)